(OT: „Kōkaku Kidōtai ARISE -GHOST IN THE SHELL- Border 5: Pyrophoric Cult“, Regie: Kazuchika Kise, Japan, 2015)
Es ist eine absolute Tragödie: Als ein Passagierflugzeug explodiert, kommen sämtliche Insassen ums Leben. Die Ursache ist schnell gefunden: In einer Prothese war eine Bombe versteckt. Während das „wie“ so geklärt ist, stellen das „wer“ und „warum“ Kusanagi und ihr Team vor ein Rätsel. Hinweise gibt es, doch die Nachforschungen werden ihnen sehr erschwert. Denn auch die Amerikaner sind hinter dem sogenannten Pyromaniac her und versuchen ihrerseits, die Hintergründe des Firestarter-Virus aufzudecken – ohne dass sich die Japaner dabei einmischen.
Lange genug hat es ja gedauert, bis auch deutsche Fans von Masamune Shirows „Ghost in the Shell“ in den Genuss des Arise-Ablegers gekommen sind. Während die Japaner schon vor vier Jahren neue Abenteuer um Motoko Kusanagi und ihre Einsatztruppe verfolgen durften, mussten wir uns bis Frühjahr 2017 gedulden. Dafür bekommen wir hier die volle Packung: Zusätzlich zu den vier ursprünglichen OVAs – in sogenannte Border unterteilt – wird nun auch der später produzierte fünfte Teil veröffentlicht, der als Bindeglied zum anschließenden Ghost in the Shell: The New Movie fungiert. Genauer gesagt handelt es sich bei Pyrophoric Cult um ein Überbleibsel der Serie Ghost in the Shell: Arise – Alternative Architecture, die wiederum auf den vier OVAs basiert.
Quereinstieg eher schwierig
Verwirrend? Schon. Aber das waren Anhänger der Cyberpunksaga ja von Anfang an gewohnt. Nicht nur, dass die sich ganz gerne mal recht intellektuell gibt, vor allem die Filme von Mamoru Oshii gefallen sich in existenzphilosophischen Überlegungen. Erschwerend kommt hinzu, dass die diversen Umsetzungen des Mangas alle im selben Universum spielen, teils aufeinander Bezug nehmen, sich teils aber auch widersprechen. Das macht es nicht leicht, den Überblick zu behalten. Bei Pyrophoric Cult bedeutet das dann auch, dass man im Idealfall die anderen Borders gesehen haben sollte. Figuren und Szenario werden zu keiner Zeit vorgestellt, was genau dieser Firestarter-Virus sein soll, das wird nie wirklich erklärt. Da wurde schon davon ausgegangen, dass man den vierten Teil Ghosts Stand Alone gesehen hat – oder eben die entsprechenden Folgen der Compilation-Serie. Abgeschlossen ist die Geschichte ebenso wenig, erst in The New Movie dürfen wir erfahren, was nun wirklich Sache ist. Ein typischer Zwischenteil eben.
Dabei ist Pyrophoric Cult alles andere als komplex. Wie die gesamte Arise-Reihe, so ist auch das hier ein eher wenig anspruchsvoller Mix aus vergangenen Elementen, aus Cyberhackern, den kuriosen Riesenrobotern mit kindlichem Gemüt und jeder Menge Geballer. Das ist alles in Ordnung, befriedigt die Bedürfnisse der Fans, auch weil hier eben so gar kein Experiment eingegangen wird. Aber es bleibt nur zweite, genauer dritte Wahl nach Ghost in the Shell und Stand Alone Complex. Während die Filme sich sehr mit der Beziehung von Mensch und Maschine auseinandersetzen und die Serie immerhin die Figurenzeichnung verstärkt, macht Arise nichts, was man nicht schon mal woanders gesehen hätte. Und das meistens auch besser.
Atmosphärisch und visuell bewährt düsrer
Immerhin ist die Optik des Standardstudios Production I.G (Psycho-Pass, Appleseed XIII) ansehnlich – sofern man kein Problem mit den geänderten Figurendesigns hat. Da wird viel mit Effekten hantiert, den industriell-klinischen Look einer kaputten Zukunftsgesellschaft beherrschen die Japaner ohnehin aus dem Effeff. Zusammen mit dem elektronischen Soundtrack entsteht so das atmosphärisches Abbild einer düsteren Dystopie. Wer derartige Visionen schätzt oder ohnehin ein Liebhaber von Ghost in the Shell ist, der ist hier also an einer nicht ganz falschen Adresse. Aufgrund der mangelnden Alleinstellungsmerkmale fährt man mit den anderen, spannenderen Interpretationen aber deutlich besser.
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