(OT: „Despicable Me 3“, Regie: Pierre Coffin, Kyle Balda, Eric Guillon, 2017)
Eigentlich macht sich der ehemalige Bösewicht Gru ja ganz gut auf der anderen Seite: Seinem Schurkendasein hat er der Familie wegen abgeschworen, nun macht er Jagd auf ehemalige Kollegen. Einer davon schafft es jedoch immer wieder, ihm zu entkommen: Balthazar Bratt. Der war früher mal ein Kinderstar, wurde mit Erreichen der Pubertät aber ratzfatz fallengelassen. Darüber ist er bis heute nicht hinweg und tut deshalb alles, um es der Welt richtig heimzuzahlen. Als mal wieder ein Versuch Grus fehlschlägt, seinen Erzfeind dingfest zu machen, steht er plötzlich ohne Job da. Aber alles halb so wild: Bis er was Neues hat, ist er ohnehin sehr beschäftigt. Schließlich ist aus heiterem Himmel sein bis dato unbekannter Zwillingsbruder Dru aufgetaucht. Und der hat ganz eigene Ideen, ein Familienunternehmen aufzubauen.
Altbekannt und gleichzeitig völlig gaga – das war ja von Anfang an das Erfolgsrezept von Ich – Einfach unverbesserlich gewesen. Da wurde eine süßliche, vorhersehbare Geschichte um einen Griesgram und drei kleine Mädchen mit absolut bescheuerten Heist-Momenten kombiniert, gekrönt von dem Auftritt der eigentlichen Stars: die Minions. Von denen weiß man bis heute nicht so genau, was sie eigentlich sein sollen oder was die da vor sich hin brabbeln. Aber das machte nichts. Wer dauerhaft so schön so viel Unsinn anstellt, dem schaut man auch so zu. Die Folge: Die quietschgelben Helfershelfer wurden zu den eigentlichen Stars, dominierten das Merchandisinggeschäft und bekamen im Anschluss sogar einen megaerfolgreichen Soloauftritt spendiert.
Ein Animationsfilm auf tausend Hochzeiten
Nun geht es aber erst einmal wieder zurück zu den etwas abseits gelegenen Wurzeln als Sidekicks. Gewissermaßen. Eigentlich ist Ich – Einfach unverbesserlich 3 nämlich ein Beispiel dafür, dass mal wieder jemand den Kuchen essen und ihn gleichzeitig behalten wollte. Soll heißen: Hier werden viele alte Elemente beibehalten, dabei jedoch um diverse Neuzugänge ergänzt – allen voran Dru. Das ist an und für sich nichts Außergewöhnliches, Fortsetzungen versuchen ja meistens die Balance aus Bewährtem und Neuerungen. Das bedeutet normalerweise aber auch, dass beides irgendwie in Einklang gebracht und miteinander verknüpft wird. Hier versuchte man das erst gar nicht und erzählt lieber drei bis vier Handlungsstränge parallel, ohne dass daraus eine gemeinsame Geschichte würde.
Am gelungensten ist dabei noch der Strang, der daran erinnert, warum Ich – Einfach unverbesserlich damals so witzig war: Balthazar Bratt ist mindestens ebenso durchgeknallt und lächerlich wie seinerzeit Vector. Hier kommen Erfindungen und Waffen zum Einsatz, von denen eine wahnsinniger ist als die andere. Dazu gibt es viele Anspielungen auf die geschmacklichen Verbrechen der 1980er, die zumindest den Eltern im Publikum ein breites Grinsen aufs Gesicht zaubern werden. Die Minions sind ebenfalls für einige unterhaltsame Auftritte gut, auch wenn ihre Rolle dieses Mal erstaunlich klein ausfällt – das ist man von den eher weniger risikoaffinen Machern von Illumination (Pets, Sing) gar nicht gewohnt.
Bewährt, gut anzusehen, aber auch irgendwie langweilig
Gewohnt ist dafür die erneut gute Optik, die vielleicht weniger ambitioniert als bei Disney oder Pixar ausfällt, ihren Zweck aber mehr als erfüllt und zudem viele kleine Details einbaut. Und auch die rührseligen Züge haben wir von Anfang an miterleben dürfen. Dieses Mal ist es Lucy, die erste Erfahrungen als Mama sammelt und dabei mehr als unsicher auftritt. Ach ja, Agnes will immer noch unbedingt ein Einhorn haben. Und dann wäre da ja noch Dru, der auch noch irgendwie in die Geschichte integriert wird – obligatorische Konflikte und Versöhnung inklusive.
Das ist alles irgendwie nett und funktioniert, mehr aber auch nicht. Aufgrund der knappen Zeit wird alles in Ich – Einfach unverbesserlich 3 im Schnellverfahren abgehandelt. Die Figuren rennen unentwegt durch die Gegend, stolpern über irgendwas oder mach eine komische Begegnung/Erfahrung. Auflösungen kommen wie aus der Pistole geschossen, ungewöhnliche Ideen hat man hier lieber gleich weggelassen. Muss ja schnell gehen. Das junge Publikum wird angesichts des hohen Tempos seinen Spaß haben. Die Abnützungserscheinungen der Reihe sind inzwischen aber kaum mehr zu übersehen. Was vor sieben Jahren noch neu und unverbraucht war, Anarchie mit Berechnung verband, ist zu einem Selbstläufer geworden, der unterhält, aber kaum noch etwas beizutragen hat.
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