(OT: „Immigration Game“, Regie: Krystof Zlatnik, 2017)
Was zu viel ist, ist zu viel: Einfach weiterhin unbegrenzt Flüchtlinge aufnehmen? Das ist auch in Deutschland keine Option mehr. Wer sich hier niederlassen will, der muss schon ein bisschen was dafür tun und vollen Einsatz zeigen. Auch den des eigenen Lebens. „Immigration Game“ heißt das neue Fernsehereignis, in dem Flüchtlinge um eine Aufenthaltsgenehmigung kämpfen. Und das ist durchaus wörtlich zu verstehen, denn jeder Schritt kann der letzte sein. Die Aufgabe selbst ist dabei denkbar einfach: Sie müssen lediglich den Fernsehturm erreichen. Schwierig wird es jedoch, da ihnen sogenannte Hunter auf den Fersen sind, die sie jederzeit töten können und dürfen. Der Deutsche Joe (Mathis Landwehr) konnte dem Spektakel bislang nicht viel abgewinnen. Als er jedoch eines Nachts zwischen die Fronten gerät und versehentlich einen Hunter tötet, muss er selbst in der nächsten Runde mitspielen, wenn er nicht des Mordes wegen angeklagt werden will.
So wie sich das Thema Flüchtlinge als Dauerthema in den Medien und politischen Debatten etabliert hat, so sehr ist es mittlerweile auch im Filmbereich angekommen. Immer mehr entdecken darin einen vielversprechenden Stoff. Und einen sehr variabel einsetzbaren: Drama (Babai), Komödie (Willkommen bei den Hartmanns), Dokumentation (Café Waldluft) – die Auswahl wird immer größer. Und so wundert es dann auch nicht wirklich, dass mit Immigration Game nun der Actionthriller-Bereich abgedeckt werden soll. Die Polizei-Dystopie Volt ging vor einigen Monaten bereits in diese Richtung, zeigte uns eine äußerst düstere Version von dem, was da noch auf uns zukommt. Hier ging man jedoch noch einen Schritt weiter: Wenn Flüchtlinge schon wie Tiere eingesperrt werden, dann ist es eigentlich nur folgerichtig, wenn sie auch wie solche abgeschlachtet werden.
Ein bekannt-böser Alptraum
Die Seelenverwandten von Immigration Game liegen also weniger in den Filmen oben, die sich zumindest grundsätzlich mit der aktuellen Situation auseinandersetzen. Hier werden Tendenzen bis jenseits der Schmerzgrenze überspitzt, Grenzen gibt es schon lange keine mehr. Vorbilder gibt es dafür einige, im Filmbereich zumindest. The Purge – Die Säuberung beispielsweise, wo ebenfalls Privilegierte sich einen Spaß daraus machten, arme Teufel zu jagen. Oder auch Running Man, Series 7 und Die Tribute von Panem – The Hunger Games, die jeweils ein solch tödliches Spiel als Medienereignis ausschlachten.
So bitter und bizarr die Vorstellung daher auch ist, die Flüchtlingsproblematik in Zukunft im Rahmen eines tödlichen Wettstreits lösen zu wollen, so bekannt ist die konkrete Ausarbeitung. Hat man sich erst einmal auf die nicht immer nachvollziehbare Prämisse eingelassen, bleiben größere Überraschungen erst einmal aus. Wer gut ist und wer böse, das wird gleich zu Beginn festgelegt. Wer welche Funktion übernimmt damit auch.
Harter Stoff aus Deutschland
Interessanter für Fans wird daher sein, in welcher Form diese Kämpfe stattfinden. Gleich zu Beginn wird Joe als versierter Kampfsportler gezeigt, was Erwartungen auf schicke Martial-Arts-Einlagen weckt. Ganz erfüllt werden diese jedoch nicht, akrobatische Einlagen à la Plan B – Scheiß auf Plan A sind hier nicht vorgesehen. Dafür ist Immigration Game deutlich härter. Fäuste, Eisenstangen, Knüppel oder Messer – erlaubt ist alles, was den Gegner außer Gefecht setzt. Ganz explizit wird die Gewalt zwar nicht, da wird der Vorstellungskraft der letzte Schritt überlassen. Aber es reicht, um den düsteren Ton noch eine blutrote Färbung hinzuzufügen. Nicht ohne Grund feierte der Thriller seine Weltpremiere im Februar auf der Genrenale.
Den interessantesten Punkt hat sich Regisseur und Drehbuchautor Krystof Zlatnik jedoch für das Finale aufgehoben. Was macht es eigentlich mit den Menschen, wenn sie einer solchen Gewaltspirale ausgesetzt sind? Wo andere Filme sich entspannt zurücklehnen, da fängt es hier gewissermaßen erst an. Glaubwürdig ist das nur bedingt, auch der kurzen Laufzeit wegen werden da einige Zwischenschritte übersprungen, es bleibt mehr als eine offene Frage zurück. Zumindest gelingt es Immigration Game aber, das Publikum mit der verstörenden Erkenntnis zurückzulassen, dass es manchmal einfach keine Gewinner gibt.
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