(OT: „Je-bool-chal-ssi I-ya-gi“, Regie: Il-hyun Kim, In-Keun Kwak, Eun-mi Lee, Hae-yeong Lee, Ji-na Ryu, Südkorea, 2009)
Die Augen sollen das Fenster zur Seele sein? Nicht bei Sorry. Für den sind es die Ohren. Während er davon träumt, seine vor langer Zeit verschwundene Schwester wiederzufinden, verdient er sein Geld damit, die Ohren anderer Menschen zu putzen. So richtig erfolgreich ist er dabei aber nicht, was auch an seiner schüchternen Natur liegt. Wenn er denn mal einen Auftrag erhält, wird er entweder vom Kunden verscheucht oder dieser beschwert sich gleich darauf bei seinem Chef. Erst als Sorry auf mysteriöse Weise immer kleiner wird und nun selbst in die Ohren klettern kann, stellen sich Erfolge ein. Gleichzeitig muss der unfreiwillige Winzling feststellen, dass er auf diese Weise Teile des menschlichen Bewusstseins entdeckt, die anderen verborgen bleiben.
Dass südkoreanische Filmemacher eine Vorliebe für düstere Stoffe haben, das haben wir in den letzten Jahren zur Genüge feststellen dürfen – egal, ob nun in Drama- oder Thrillerform. Und auch im Animationsbereich hatten wir Sang-ho Yeon (The King of Pigs, Seoul Station) sei Dank einige Werke, die uns den Glauben an das Gute im Menschen haben verlieren lassen. The Story of Mr Sorry hat hier nicht dasselbe Renommee erfahren, was auch an der mangelnden Verbreitung liegt. Eine deutsche Version ist nie erschienen, auch im Ausland sieht es mager aus, obwohl der Film seinerzeit immerhin beim Annecy Animationsfestival im Rennen war.
Ein kruder Animationsfilm abseits der Massen
Andererseits: Ein Wunder ist das nicht. Es ist schon ein sehr eigenartiger Film, den uns die fünf Regisseure da zeigen. Ein Film, bei dem man so gar nicht sagen kann, was er überhaupt sein soll. Am Anfang wirkt The Story of Mr Sorry wie eine recht krude Komödie im Stil von South Park – unterstützt durch den Grafikstil, der sich an klassischer Cut-out-Animation orientiert. Es gibt aber auch dramatische Elemente, sowohl im Leben von Sorry wie auch dem seiner Kunden. Der Rahmen der Erzählung wiederum folgt einer offensichtlich satirisch gemeinten Reality-TV-Sendung. An anderen Stellen wird die Szenerie sogar surreal bis alptraumhaft, vergleichbar zu We Are the Strange, dem Horrorgenre nicht weit entfernt.
Entsprechend vielfältig fallen auch die Reaktionen auf Zuschauerseite aus: Mal ist man fasziniert, dann wieder amüsiert, zuweilen auch ziemlich angewidert. Und natürlich könnte man in den Film einiges hineininterpretieren – sofern man denn will. Gesellschaftskritik zum Beispiel. Ausführungen zur menschlichen Natur. Aber so richtig viel Anlass bietet The Story of Mr Sorry dafür eigentlich nicht, dafür wird keiner der Wege konsequent genug verfolgt. Gerade einmal 65 Minuten ist der Streifen lang, schafft es aber dennoch nicht, einen auch nur annähernd roten Faden in die Geschichte zu spinnen.
Es passiert eine Menge und gleichzeitig nichts
Das soll nicht bedeuten, dass nichts passiert. Eigentlich passiert ständig etwas. Es bleibt nur ohne wirkliche Konsequenz, die Szenen werden aneinandergereiht, bis sie vorbei sind. Beispiel: Die Einblicke in das Unterbewusstsein der Kunden deuten tragische Schicksale an, die aber nicht zu Ende erzählt werden. Weder die Sendung noch die Spinne erhalten erleuchtende Kontexte. Am Ende bleibt das Gefühl, dass The Story of Mr Sorry irgendwie völlig bedeutungslos ist. Eine interessante Erfahrung ist das betont hässliche und primitiv gestaltete Animationswerk durchaus. Für einen Film, der derart stark das Innenleben von Menschen thematisiert, hält sich der emotionale Mehrwert dann aber doch eigenartig stark in Grenzen.
(Anzeige)