(OT: „Valerian and the City of a Thousand Planets“, Regie: Luc Besson, USA/Frankreich, 2017)
In einer fernen Zukunft, in der alles technisch möglich ist und Tausende von Spezies zusammenleben, braucht es Leute, die noch für ein bisschen Recht und Ordnung sorgen. Leute wie Valerian (Dane DeHaan) und Laureline (Cara Delevingne). Das eingespielte Team ist recht erfolgreich darin, Verbrechern das Handwerk zu legen – meistens zumindest –, über einen Mangel an Aufträgen können sie sich nicht beklagen. Der neueste stellt aber auch die vor große Herausforderungen. Kommandant Arun Filitt (Clive Owen) berichtet davon, dass sich im Zentrum der intergalaktischen Stadt Alpha eine radioaktive Verseuchung ausbreitet. Diverse Einsatzteams haben bereits versucht, dem Rätsel auf die Spur zu kommen – keines kam lebend zurück. Nun sollen es Valerian und Laureline richten: keine leichte Aufgabe, wie sie kurz drauf feststellen müssen.
Es ist ein beliebtes, alljährliches Spiel der Internetgemeinde: Wenn ein neues Jahr anbricht, wird orakelt und diskutiert, welcher Film wohl der größte Flop in den nächsten 365 Tagen werden wird. Der große Gewinner – oder eben Verlierer – im Jahr 2017: Valerian. Das ist einerseits überraschend, gleichzeitig aber auch wieder nicht. Überraschend deshalb, weil es sich um das Lieblingsprojekt von Luc Besson handelt. Und der der hatte mit seinem letzten Sci-Fi-Ausflug Lucy einen satten Hit gelandet. Allerdings war der auch trotz der namhaften Besetzung (Scarlett Johansson, Morgan Freeman) mit einem Budget von 40 Millionen Dollar ein echtes Schnäppchen. Valerian soll 180 Millionen Dollar gekostet haben. Und das obwohl die zugrundeliegende Comicreihe von Pierre Christin und Jean-Claude Mézières aus den 1960ern nicht unbedingt zum aktuellen Mainstream gehört.
Ein bonbonfarbenes Spektakel, wie man es nur selten sieht
Der Film tut es auch nicht. Tatsächlich hat Bessons Spektakel wenig mit dem zu tun, was wir sonst in den letzten Jahren auf der Leinwand – oder sonst wo – haben sehen dürfen. Ob sie nun nachdenklich sind (Arrival), actionlastig (Star Trek Beyond) oder als Horrorzwitter (Alien: Covenant), Science-Fiction bedeutet meist düstere Welten. Wenn überhaupt, dann steht noch ein Vergleich mit Guardians of the Galaxy an, der die unendlichen Weiten mit viel Humor nahm. Und selbst die bereiten nur wenig darauf vor, was einen hier optisch erwartet. Mit einer geradezu surreal idyllischen Südseelandschaft beginnt der Film, Valerian sehen wir im Hawaii-Hemd im Raumschiff, später geht es auf einen virtuellen Basar inmitten einer Wüste.
Der eigentliche Höhepunkt sind aber die vielen eigenartigen Kreaturen, die immer wieder im Film auftauchen. Manche huschen durchs Bild, andere spielen eine größere Rolle, selten wie nie hat man hier das Gefühl, wirklich andere Welten zu sehen. Alleine in den ersten Minuten werden mehr bizarre Bestien aufgefahren als in allen letzten Star Wars Filmen zusammen. Und die überbordende Kreativität macht an der Stell nicht Halt: Gerade die Szenen im besagten Basar gehören zu dem Besten, was das Genre zuletzt hervorgebracht hat: Valerian ist ein Trip zu den Sternen, der diesem Begriff in allen Belangen gerecht wird.
Zunehmende Schwächen im letzten Drittel
Dumm nur: Jeder Trip hat mal ein Ende. Und das findet hier weit vor dem Vorspann schon statt. Während in der ersten Hälfte eine verrückte Idee die andere jagt und man vor lauter Staunen den Mund nicht mehr zubekommt, wird es im Anschluss deutlich konventioneller. Und damit auch langweiliger. Sicher, sonderlich viel gibt die Geschichte von Anfang an nicht her. Aber das fällt eben erst mit der Zeit wirklich auf, wenn sich der Fokus verschiebt. Ein paar gesellschaftsrelevante Ansätze finden sich, manche Zukunftsaktion wirkt erschreckend aktuell. Echte Überraschungen bleiben aber aus.
Und dann wären da noch die beiden Hauptfiguren, die nicht bei jedem auf Gegenliebe stoßen werden. Denn auch hier geht Besson ganz eigene Wege: Waren die zwei Protagonisten in der Vorlage noch typische Helden – er ein echter Kerl, sie ein schönes Eye Candy –, ist die Filmvariante gegen den Strich besetzt. Dane DeHaan (A Cure for Wellness), der mit Anfang 30 noch so aussieht, als würde er zur Schule gehen, Model Cara Delevingne (Suicide Squad) wiederum gefällt sich in ihrer Androgynität. Das Ergebnis ist etwas zwiespältig. Auf der einen Seite passt es ganz wunderbar in einen Film, der sich bemerkenswert wenig an das hält, was einem Hollywood so vorkaut. Hier ist alles verrückt, exzentrisch, anders. Warum also ein 08/15-Gespann zeigen? Wenn gleichzeitig aber daraus eine Romanze werden soll, kitschige Liebesschwüre inklusive, dann fremdelt das ein wenig mit einem Paar, das nie wie eines wirkt. Trotz dieser Mängel wäre es aber sehr schade, wenn der prognostizierte Flop eintritt. Der Grundstock für aufregende Abenteuer ist gelegt, der betont comichafte Film hat so viele interessante Ansätze und ausgefallene Figuren – Ethan Hawke und Rihanna haben beispielsweise fantastisch gut aufgelegte Mini-Auftritte –, dass man hiervon gern noch sehr viel mehr gesehen hätte.
(Anzeige)