(OT: „Aladdin and the King of Thieves“, Regie: Tad Stones, USA, 1996)
Endlich ist es so weit: Aladdin und Jasmin geben sich das Jawort! So zumindest war es geplant. Aber irgendwas ist ja immer. Und so werden die Feierlichkeiten von den berüchtigten 40 Dieben unterbrochen, welche schon seit einiger Zeit die Gegend unsicher machen. Aber alles halb so wild: Mit gemeinsamen Kräften schaffen es Aladdin und die anderen, die Eindringlinge zu vertreiben. Doch damit fängt das eigentliche Abenteuer erst an. Denn wie Aladdin dabei erfährt, ist sein Vater mitnichten tot, wie er es seit seiner Kindheit gedacht hat. Und tatsächlich steht er ihm bald schon gegenüber. Die Begegnung läuft aber nicht ganz so wie erhofft. Der größte Schock dabei: Sein Vater Cassim ist niemand anderes als der Anführer der Räuberbande, der legendäre König der Diebe.
Das Gesetz der Fortsetzung besteht größtenteils aus zwei Punkten: 1. Alles, was auch nur irgendwie erfolgreich und fortsetzbar ist, findet einen Nachfolger. 2. Die nachfolgenden Teile sind schlechter als das Original. Sicher, Ausnahmen hat es für beide Punkte gegeben. Aber doch auch eben so viele Beispiele, dass eine angekündigte Fortsetzung nicht automatisch Glücksgefühle erzeugt. Kaum eine dürfte dabei aber traumatischer gewesen sein als die zu Aladdin. Gilt der wahnsinnig witzige, an vielen Stellen mitreißende Ausflug in den Orient zu den großen Klassikern der Disney Renaissance, war der zwei Jahre später nachgeschobene Dschafars Rückkehr ein inhaltliches wie technisches Debakel, das fast völlig den Charme des Vorgängers vermissen ließ. Die Vorstellung, dass der dritte Teil noch einmal schlechter werden könnte, das ließ einen schon ein bisschen angst und bange werden.
Eine willkommene Rückkehr!
Zur großen Überraschung – und Erleichterung – war Aladdin und der König der Diebe aber nicht nur wieder ein deutlicher Fortschritt. Im Reigen der oftmals gefürchteten Billigfortsetzungen aus dem Hause Disney war der dritte Teil um den Straßendieb sogar einer der besten. Was zugegeben nicht viel heißen muss. Vom größten Pluspunkt hat man hierzulande aber weniger mitbekommen. Anders als bei Dschafars Rückkehr übernahm im englischen Original nämlich wieder Robin Williams die Sprechrolle von Dschinni. Und wieder einmal fegt der Komiker sein Umfeld einfach so von der Bühne: Als kaum zu bändigender Wirbelwind, der im Sekundentakt seine Form ändert, ist er mal wieder der große Höhepunkt des neuen Abenteuers. Noch ein zweiter Grund spricht dafür, lieber im O-Ton zuschauen zu wollen: die netten Wortspiele, die sich beim besten Willen nicht übersetzen ließen.
Nun kann ein Film nicht allein auf einer Figur fußen. Umso mehr, wenn diese über weite Strecken gar nicht zu sehen ist. Tatsächlich sind die anderen Szenen nicht annähernd so fesselnd, aber doch noch immer deutlich besser als das, was im zweiten Teil verbrochen wurde. Hier wurde nicht einfach nur kopiert, was Aladdin so groß machte, mit der Geschichte um den verlorenen Vater kommt ein anderer, insgesamt vertretbarer Aspekt hinzu. Der hat nicht den Witz des restlichen Films, ist streckenweise sogar relativ ernst. Aber er schadet auch nicht. Die Gedanken zur Natur des Menschen – kann sich jemand wirklich ändern? – sind für einen Animationsfilm für Kinder sogar vergleichsweise ambitioniert.
Simple Optik, eingängige Lieder
Das gilt für die Bilder weniger. Wie bei den vielen Disney-Direct-to-Video-Produktionen der DisneyToon Studios üblich, so kann auch Aladdin und der König der Diebe nicht einmal ansatzweise mit dem vier Jahre zuvor erschienenen Übervater mithalten. Die Hintergründe sind spärlich, oftmals völlig leer, die Stadt ist leblos, Effekte oder aufwendige Kamerafahrten fehlen völlig. Lediglich die witzigen Designs, allen voran von Dschinni und Jago, sind intakt geblieben. Während der Film visuell enttäuscht, so ist die musikalische überraschend gelungen. Auch hier wurden nicht einfach nur alte Lieder wiederholt, es kamen diverse neue hinzu. Und die sind – man glaubt es kaum – wirklich eingängig, lassen einen schneller mitsummen, als man es sich eingestehen wollte. Das reicht dann zwar nicht aus, um insgesamt über ein ordentliches Niveau hinauszukommen. Aber das muss man ja auch erst mal erreichen. Wer also einen netten Zeichentrickfilm für Kinder (oder das Kind in sich) sucht, der ist bei der der an „Ali Baba und die vierzig Räuber“ angelehnten Geschichte bei einer doch recht annehmbaren Adresse gelandet.
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