Annabelle
© Warner Bros.

Annabelle

(OT: „Annabelle“, Regie: John R. Leonetti, USA, 2014)

AnnabelleEin bisschen turbulent geht es im Leben von Mia (Annabelle Wallis) und John Form (Ward Horton) ja schon zu. Das erste Kind steht an, weshalb die beiden sehr aufgeregt sind. John ist darüber hinaus mit seinem Medizinstudium mehr als beschäftigt. Beide freudigen Ereignisse werden jedoch bald getrübt, als zwei Anhänger eines satanischen Kults sie überfallen. Schon vorher hatte es in dem Haus ein paar seltsame Ereignisse gegeben, doch dieser Vorfall gibt ihnen den Rest: Zusammen mit Töchterchen Leah ziehen sie um und versuchen, die Vergangenheit hinter sich zu lassen. Doch diese folgt ihnen, ohne dass sie es merken. Denn jemand hat es auf ihr Kind abgesehen.

Was einmal funktioniert, das funktioniert auch zweimal. Oder achtmal. Sich über die Fortsetzungswut in Hollywood aufregen zu wollen, wäre verschwendete Lebenszeit. Zumal es ja noch schlimmer geht: Der wenig prestigeträchtige Horrorbereich schert sich wenig um Abnützungserscheinungen und spendiert einem halbwegs erfolgreichen Film oft gleich mehrere Nachfolger. Die billig produzierten Direct-to-Video-Verbrechen setzen die Geschichte zwar nicht wirklich fort, tragen aber denselben Titel und sind auch sonst gern austauschbar. Warum auch nicht, wenn es ein zahlendes Publikum dafür gibt?

1 Film = 2 Fortsetzungen
Bei Conjuring – Die Heimsuchung fackelte man auch nicht lange, als es darum ging, noch ein wenig mehr Geld zu verdienen. Aus gutem Grund: Bei Kosten von 20 Millionen Dollar – was im Horrorgenre schon eine ganze Menge ist – spielte der Film mehr als das 15-Fache wieder ein. Anstatt nun aber jedes Jahr einen neuen Teil ins Kinos zu bringen, ging man hier einen anderen Weg, der gleichzeitig interessant und ausgesprochen dreist ist. Man führt in den Filmen nicht nur Helden ein, sondern auch böse Nebenfiguren, die im Anschluss eigene Filme erhalten. Auf diese Weise potenzieren sich die Franchisemöglichkeiten. Und damit auch die, noch mehr zu verdienen. Denn so kann man das Publikum schröpfen, während es noch auf den nächsten „echten“ Teil wartet.

Finanziell hat sich das bei Annabelle, das erste diverser Spin-offs, mehr als bezahlt gemacht. Mit 6,5 Millionen Dollar war es ein echtes Schnäppchen. Dem standen Einspielergebnisse von über 250 Millionen Dollar entgegen. Eine sehr erfreuliche Angelegenheit also. Für die Studios. Für die Zuschauer? Weniger. Mit der Qualität von Conjuring kann es die Neben-Vorgeschichte nicht aufnehmen. Schlimmer noch: Man hat hier den Eindruck, dass das nicht einmal versucht wurde. Das Problem ist dabei weniger, dass hier die Besetzung weniger prominent ist. Es ist der gesamte Rest, der so wahnsinnig enttäuscht.

Große Versprechen, keins gehalten
Nun war schon Conjuring – begeisterter Kritiker zum Trotz – kein besonders origineller Vertreter seines Genres gewesen. Anders als etwa Insidious, der erste größere Hollywoodversuch von Regisseur James Wan, mangelte es der Dämonenjagd an tatsächlich eigenständigen Momenten. Eigentlich hatte man alles vorher schon mal gesehen. Aber eben selten so professionell wie dort: die talentierten Schauspieler machten einiges wieder wett, die schicken Kamerafahrten halfen dabei. Wenn dessen Kameramann John R. Leonetti bei Annabelle Regie führt, dann versprach das deshalb einiges. Gehalten wurden diese Versprechen jedoch nicht. Im Gegenteil: Der Puppenalptraum ist einer der plumpsten Horrorfilme, die man in den letzten Jahren im Kino gesehen hat. Die Kamera bewegt sich hektisch hin und her, zeigt wichtige Details lange, sehr lange, bestenfalls auch gleich mehrfach, damit auch ja der letzte Zuschauer noch kapiert, dass da etwas passiert.

Für die Spannung ist eine solche Vorgehensweise natürlich tödlich: In Annabelle geschieht so gut wie nichts, das nicht vorher mehrfach angekündigt wird. Viele Szenen wie etwa sich verselbständigende Haushaltsgeräte, hereinkullernde Objekte oder Sachen, die sich im Hintergrund bewegen, sind zudem mittlerweile derart stark verbraucht, dass sie wirklich nur noch absolute Genreneulinge beeindrucken dürfte. Bis die erste halbwegs überzeugende Schrecksituation entsteht, ist längst mehr als die Hälfte des Films vorbei. Wenn dann auch inhaltlich – sei es bei der Geschichte oder den Figuren – nur Klischees neu aufgewärmt werden, dann darf man sich schon fragen, warum nun ausgerechnet Annabelle ein so großer Kassenerfolg wurde, die vielen Horrorlookalikes aber nicht. Lediglich ein Punkt sticht aus der anderthalbstündigen Langeweile hervor: die Puppe selbst. Die war schon beim ersten Auftritt ausgesprochen scheußlich, ist hier kein Stück hübscher geworden. Das passt einerseits natürlich gut, da es hier ja um ein von Dämonen besessenes Spielzeug geht. Und so sieht dieses auch wirklich aus. Warum man eine solche Abscheulichkeit einem Baby geben sollte, das bleibt jedoch ein ebenso großes Rätsel wie die Frage, warum man sich das anschauen sollte.



(Anzeige)

Das erste Spin-off zum Horrorhit „The Conjuring“ schafft es tatsächlich, noch mehr Klischees einzubauen als die Vorlage. Was diese mit schicker Inszenierung aber wieder wettmachte, wird hier zu einem plumpen, besonders vorhersehbaren Ärgernis. Insgesamt gibt es so nur wenig, was für den Film spricht. Wäre da nicht die abscheuliche Puppe, wäre „Annabelle“ schon vergessen, bevor die anderthalb Stunden rum sind.
4
von 10