(OT: „Rodin“, Regie: Jacques Doillon, Frankreich, 2017)
Der Anfang war ein wenig holprig, doch im Jahr 1880 ist der Künstler Auguste Rodin (Vincent Lindon) längst zu einer Institution geworden. Aufträge hat er genug, Ansehen ebenso. Und auch die Frauen laufen ihm in Scharen hinterher – um ihm Modell zu stehen oder ihm privat nahe zu sein. Frauen wie Camille Claudel (Izïa Higelin). Die bringt ihm eine Menge Bewunderung entgegen, möchte aber mehr. Sie will die einzige und offizielle Frau an seiner Seite sein, darüber hinaus auch selbst als Künstlerin anerkannt werden. Rodin hat an beidem eher weniger Interesse, genießt die Nähe zu ihr, ohne dabei auf etwas verzichten zu wollen. Das führt nach einer Weile zu größeren Konflikten, auch mit Rose Beuret (Séverine Caneele). Denn die sieht es als langjährige Lebensgefährtin und Mutter eines von ihm nicht anerkannten Sohnes gar nicht gern, wenn sich jemand an ihr vorbeidrängelt.
Kino, das ist der Ort, der für große Geschichten gemacht ist. Und große Menschen. Kein Wunder also, dass in schöner Regelmäßigkeit Filme über unsere Leinwände huschen, welche bedeutenden Künstlern huldigen. So auch in Frankreich, von jeher eine Nation mit großer Kunstaffinität. Nachdem wir es letztes Jahr in Meine Zeit mit Cézanne gleichzeitig mit dem Maler Paul Cézanne und dem Autor Emile Zola zu tun bekamen, steht dieses Mal Auguste Rodin auf dem Programm. Der Bildhauer ist für seine Beiträge zur modernen Plastik nicht nur ungemein wichtig. Er war zudem nicht unbedingt ein Kostverächter, wenn es um weibliche Reize geht. Die perfekte Mischung aus intellektuell und anrüchig also, Leidenschaft auf jeder Ebene.
Schön, nervig, nichtssagend
Von Leidenschaft ist in Auguste Rodin, das auf diversen Festivals lief und nun regulär in die Kinos kommt, aber recht wenig zu spüren. Wenn überhaupt sind es die Frauen, die ein wenig Leben in den Film bringen, wenn sie sich gegenseitig oder auch Rodin in wenig vorteilhaften Szenen ankeifen. Ansonsten sind sie mal mehr, mal weniger schmückendes Beiwerk. Immer wieder sehen wir den Künstler, wie er seinen nackten Motiven künstlerisch unsterblich machen will. Zu sagen haben sie wenig, weder als Modell, noch als Individuum. Als Inspiration taugen sie dem Bildhauer, ansonsten hat er aber doch lieber seine Ruhe.
So richtig sympathisch macht ihn das nicht. Muss aber auch nicht: Reine Gutmenschen sind oft langweilig, dann lieber ein paar gut in Szene gesetzte Schwächen. Leider sind die jedoch genauso wenig zu finden. Zwei Stunden steht Rodin in der Gegend, befühlt Material wie Vorlagen, sinniert hin und wieder über Kunst und brummelt ansonsten in seinen Bart hinein, ohne irgendwelche Regungen zu zeigen. Das ist durchaus eindringlich gespielt, Darsteller Vincent Lindon zeigt als Titelfigur eine beachtliche Präsenz. Aber auch er schafft es nicht, dem bärtigen Block etwas Fesselndes zu entlocken. Er ist irgendwie da, mehr nicht.
Zwischen banal und langweilig
Das liegt auch an dem etwas eigenwilligen Umgang mit dem Inhalt. Meistens wählen Biopics besonders wichtige Momente, um der dargestellten Person mehr Kontur zu geben oder auch die Entwicklung zu veranschaulichen. Nicht bei Auguste Rodin. Nicht bei Regisseur Jacques Doillon (Love Battles – Mein erotischer Ringkampf). Die Szenen sind so sehr aus dem Leben gegriffen, dass ihnen jegliches Alleinstellungsmerkmal fehlt. Auch das kann reizvoll sein, der Einblick in ein Leben, ganz nah dran an den Menschen. Die Kombination aus banalem Drumherum und distanzierten Personen macht es aber nicht unbedingt leicht, sich für den Künstler zu interessieren. Umso mehr, wenn dieses Nichts zwei Stunden andauert. Freunde historischer Künstlerporträts werden an den düsteren Bildern und der teils sinnlichen Natur der Arbeit noch am ehesten glücklich werden. Der Rest muss sich darauf einstellen, dass zwei Stunden sehr lang werden können.
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