(OT: „Berserk: Ougon jidai-hen I – Haou no tamago“, Regie: Toshiyuki Kubooka, Japan, 2012)
Seit 100 Jahren schon befindet sich das Land im Krieg, und es sieht nicht danach aus, als würde sich dabei auf absehbare Zeit etwas ändern. Um angesichts der großen Verluste überhaupt noch kampffähig zu bleiben, müssen deshalb Söldner ran. Guts ist einer von ihnen, ein besonders starker Söldner sogar. Als er einen mächtigen, als unbesiegbar geltenden Krieger zu Fall bringt, erweckt er das Interesse von Griffith – seinerseits Anführer einer solchen Söldnertruppe. Kurze Zeit später ist Guts Mitglied besagter Truppe, nachdem er im Zweikampf von Griffith besiegt wurde, und kämpft treu an seiner Seite. Aber nicht alle sind glücklich über den neuen groben Mann in ihrer Mitte. Währenddessen nehmen die Kämpfe immer weiter zu und machen auch vor dem Königshaus nicht Halt.
Selbst wer bereits Erfahrungen mit den etwas brutaleren Vertretern der japanischen Unterhaltungsindustrie gesammelt hatte, dürfte nicht schlecht gestaunt haben beim Lesen von „Beserk“. Mord, Vergewaltigung, Folter, irdische wie übernatürliche Höllen – das war schon eine verdammt düstere Welt, die Kentaro Miura da in seinem Manga zeichnete. Heute ist sein Werk längst Institution, seit 1989 sind bereits 39 Bände erschienen. Wie viele es am Ende sein werden, ist dabei nicht abzusehen, Miura ist dafür bekannt, zwischendrin immer wieder Päuschen einzulegen. Dass ein derart populärer Manga irgendwann auch als Animeversion um Gunst und Geldbeutel kämpfen würde, überrascht nicht. Mehrere Versuche hat es auch gegeben, die erste war eine Serie von 1997, 2016 startete eine zweite. Und dazwischen: eine Filmtrilogie.
Einstieg ins mörderische Treiben
Wie deren Untertitel Das goldene Zeitalter schon ankündigt, handelt es sich hierbei um eine Umsetzung des gleichnamigen Handlungsbogens aus der Vorlage – der auch schon in der ersten Serie behandelt wurde. Anders als der Manga, der mit einem von seinen Erfahrungen gezeichneten Guts beginnt, ist er hier noch ein Neuling im Spiel der Intrigen und Meuchelmorde. Sympathischer oder fröhlicher ist er deshalb nicht. Er ist grob, ohne Mitgefühl, will mit niemandem etwas zu tun haben. Wäre da nicht sein Stolz, der ihn zu dem Zweikampf mit Griffith verführt, er hätte sich aus allem herausgehalten. Sein neuer Boss hingegen ist sehr viel verschlagener und kultivierter, trotz seines androgynen, feinen Äußeren aber ein ebenso gefährlicher Gegner.
Über den Rest der Truppe erfährt man nichts. Lediglich die weibliche Söldnerin Casca darf noch ein paar Mal durch die Gegend schmollen, erzürnt, dass Guts ihr die Aufmerksamkeit von Griffith stiehlt. Auch das ist ein Charakterzug, der nicht unbedingt zu Sympathie anregt. Was durchaus so gedacht ist: Beserk will nicht nett sein und Helden aufbauen, cool und düster soll die Geschichte sein. Wie viel man dieser abgewinnen kann, hängt dann auch in erster Linie davon ab, wie empfänglich man für derlei testosterongeschwängerte Hahnenkämpfe ist. Dicke Hose ist angesagt. Alternativ können auch Blutliebhaber ihren Spaß haben: Wie in der Vorlage werden in dem Film keine Gefangene gemacht. Man ermordet sie lieber gleich, je grausiger, umso besser.
Mittelalterkulisse mit künstlichem Computerlook
Das für die Umsetzung beauftragte Studio 4°C (Harmony, Tekkonkinkreet) bemühte sich ohnehin redlich, dem Publikum was fürs Auge zu bieten. Leider gingen die Japaner davon aus, dass Computerelemente hier das geeignete Mittel wären. Irrtum. Detailliert sind die Hintergründe ja, der Einsatz des Rechners macht sich auch bei diversen dynamischen Kamerafahrten bezahlt. Dafür hat der Anime diesen künstlichen Look, der vielen CGI-gestützten Vertretern zu eigen ist. Und auch die Animationen hätten sehr viel flüssiger sein dürfen, da hatte man im Jahr 2012 schon deutlich Besseres gesehen.
Aber das größere Problem ist ohnehin, dass Das goldene Zeitalter I im Grunde eine ziemlich langweilige Angelegenheit ist. Aufgrund der knappen Laufzeit von rund 75 Minuten bleibt keine Zeit, die Charaktere auch nur irgendwie interessant zu gestalten, vieles wurde notdürftig zusammengestutzt. Auch der oft gesuchte rote Faden bleibt unauffindbar, der Fantasy-Mittelalter-Film besteht aus mehreren unabhängigen Momentaufnahmen, die nicht mehr als eine Vorbereitung für künftige Ereignisse sind. Immerhin endet Teil eins mit einem ziemlichen Wendepunkt, vorher gab es ein Anzeichen dafür, dass hinter der simplen Kriegsgeschichte noch ein bisschen mehr steckt. Das reicht aus, um eine Sichtung von Teil zwei zu rechtfertigen – erzwingen tut es der Auftakt aber nicht. Man kann auch recht gut weiterleben, ohne zu erfahren, wie es weitergeht.
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