(OT: „Digimon Adventure tri. Saikai“, Regie: : Keitaro Motonaga, Japan, 2015)
Einige Jahre ist es mittlerweile her, dass Tai, Matt, Sora, Izzy, Mimi, Joe, TK und Kari gemeinsam aufregende Abenteuer erlebt haben. Doch so eng die Freundschaft seinerzeit auch war, der Zahn der Zeit hat mächtig an ihr genagt. Spärlich ist der Kontakt seither geworden, man sieht sich kaum, jeder ist mit seinem eigenen Leben beschäftigt. Mit eigenen Problemen. Bis etwas geschieht, dass die Digiritter von einst erneut vereint. Nachdem eine Zeit lang elektronische Geräte auf mysteriöse Weise gesponnen haben, taucht eines Tages ein Kuwagamon auf, das durch Tokio wütet. Und auch die Digimon sind wieder zurück, um Seite an Seite mit ihren Freunden von damals gegen die neue Bedrohung zu kämpfen.
Eine Branche feiert sich selbst: In Pokémon – Der Film: Du bist dran! kehren die berühmten Taschenmonster zu den Anfängen der Animeserie zurück, auch Yu-Gi-Oh! The Dark Side of Dimensions schloss zum 20-jährigen Jubiläum des Franchises an die Urstoryline an. Da darf auch die dritte große Reihe, die ungeniert auf das finanziell ergiebige Sammeln von Figuren setzte, nicht fehlen. Die von Akiyoshi Hongo entwickelten Digimon begannen ihre Karriere als eine Art Tomogatchi-Clone, wurden aufgrund der ab 1999 produzierten Animeserie anschließend zu Fernsehstars. Und auch dieses Ereignis musste gefeiert werden, wenn es nach dem Willen ihrer Macher ging.
Nostalgie über alles!
Vier Filme sind es, die unter der Regie Keitaro Motonaga (Jormungand, Katanagatari) so entstanden sind und erzählen, wie es nach den aufregenden Ereignissen der Serie weiterging. Die Antwort: So wie es immer weitergeht. Man führt sein Leben, verliert sich aus den Augen, die Welt dreht sich weiter. Das ist einerseits tröstlich. Warum sollte es Helden besser gehen als einem selbst? Andererseits ist es natürlich auch etwas traurig, zumindest für Betroffene. Und für die ist Reunion eindeutig gemacht. Die Figuren von einst zu sehen, ihre digitalen Begleiter, dazu die bekannte Musik zu hören – der Anime setzt recht ungeniert auf den Nostalgiefaktor.
Kann man machen, Star Wars: Episode VII – Das Erwachen der Macht wurde auf diese Weise zu einem der erfolgreichsten Filme aller Zeiten. Während die Sternensaga mit sympathischen, sehr lebendigen Figuren aber auch Einsteigern die Hand ging, ist Reunion an der Stelle sehr genügsam. Über das absolut Notwendige hinaus macht der Anime nämlich … nichts. Keiner der Charaktere wird vorgestellt, die Vorgeschichte ist zu keinem Zeitpunkt ein Thema. Wer nicht damals die Serie gesehen hat, versteht nicht, worum sich das hier eigentlich drehen soll. Oder warum einen das alles interessieren sollte.
Außer Erinnerungen nix gewesen
Aber auch Fans, die vielleicht einen etwas höheren Anspruch an die Rückkehr ihrer Helden haben, schauen in die Röhre. Ist der Anflug von Nostalgie vorbei, bleibt nichts mehr übrig. Von Langeweile einmal abgesehen. Die Figuren sind älter, aber im Grunde doch noch Kinder, es gibt keine neuen Erkenntnisse oder interessante Interaktionen. Der Film plätschert rund anderthalb Stunden vor sich hin, besteht zu einem Großteil aus überraschten bzw. erfreuten Bekundungen, wie schrecklich lange man sich doch nicht mehr gesehen hat. Wofür es auch fünf Minuten getan hätten. Ach ja, Kämpfe gibt es natürlich auch. Mehrfach.
Aber auch die sind wenig dazu geeignet, den Zuschauer an den Bildschirm zu fesseln. Die Designs der Figuren waren ja schon immer gewöhnungsbedürftig bis hässlich gewesen. Das hat sich in den 18 Jahren seither nicht geändert. Die Technik aber auch nicht: Toei Animation (One Piece – 1. Film: Der Film, Dragon Ball Z – Kampf der Götter) begnügt sich bei allem mit dem Sparprogramm. Ob es die Kämpfe sind oder die Hintergründe, Reunion sieht für einen Kinofilm schon reichlich billig aus, trotz großer Materialschlachten ist das alles zu klein. Beides zusammen – der rudimentäre Inhalt und die spärliche Verpackung – machen nicht unbedingt Lust darauf, auch bei den folgenden drei Filmen einzuschalten. Große Fans können es aber natürlich versuchen: Der Film ist sowas wie das Klassentreffen viele Jahre nach dem Schulabschluss. Für einen Moment ist das Wiedersehen nett, da es für allerlei Erinnerungsreisen taugt. Aber eben auch nicht mehr.
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