(OT: „Fun and Fancy Free“, Regie: Jack Kinney/Bill Roberts/Hamilton Luske/William Morgan, USA, 1947)
1947 war der Zweite Weltkrieg zwar schon zwei Jahre vorbei, zumindest bei Disney war der Weg zur Normalität aber noch lang. Reguläre, abendfüllende Zeichentrickfilme, die sollte es erst ab 1950 wieder geben. Stattdessen wurde kleinere Brötchen gebacken. Kleinere, kürzere und recht gehaltlose Brötchen. Wobei Fröhlich, frei, Spaß dabei – nach Saludos Amigos, Drei Caballeros und Make Mine Music der vierte von sechs Package Films – nur zum Teil mit den direkten Vorgängern zu vergleichen war. Während diese oftmals zusammengeschnittene Sequenzen enthielten, ohne größeren Inhalt, wurde hier eine tatsächliche Geschichte erzählt. Zwei genau genommen.
Dass Fröhlich, frei, Spaß dabei an und für sich mehr bietet, liegt auch an der Entstehungsgeschichte: Sowohl Bongo wie auch Micky und die Kletterbohne waren lange geplant gewesen, seit Anfang der 1940er. Sie waren eigentlich auch nicht für eine gemeinsame Veröffentlichung konzipiert. Dass die zwei jeweils rund 35 Minuten langen Kurzfilme zu einem gemeinsamen Werk wurden, das hatte sich aufgrund der Umstände ergeben. Gab es bei den ersten drei Episodenfilmen einen wirklichen (wenn auch sinnlosen) Rahmen, der die Einzelgeschichten zusammenhielt, kann man das hier kaum behaupten. Versucht wurde es trotzdem: Die Grille Jiminy aus Pinocchio ist auf der Suche nach einer neuen Geschichte. Fündig wird er erst bei einem Schallplattenspieler, dann in einem Nachbarhaus. Warum ausgerechnet Jiminy, der bei seinem Debüt noch als ernstes Gewissen auftrat, nun einen sorglosen Lebensstil propagiert, bleibt ein Rätsel. Das gilt aber auch für diverse andere Entscheidungen.
Nett-langweilig geht es los
Eines dieser Rätsel: Wer kam auf die befremdliche Idee, dass Bären sich durch eine Ohrfeige ihre Liebe beweisen? Andererseits, ohne diesen Moment gäbe es wohl nicht wirklich etwas über Bongo zu sagen. Erzählt wird darin die Geschichte eines Zirkusbären, der ausbricht, um endlich frei zu sein. Das erinnert anfangs etwas an Dumbo, war auch mal als dessen Prequel im Gespräch. Die ersten Momente des kleinen Bären im Wald sind dann auch nicht ohne Charme: Selbst kleinste Insekten wirken auf Bongo, der so gar keine Erfahrung mit der Natur hat, furchteinflößend. Als er sich dann jedoch in eine ebenso kleine Bärendame verliebt, versteift sich das erste Segment völlig auf seine Nettigkeit. Das hatte der Film um den großohrigen Elefanten natürlich auch getan. Dort gab es aber eine Reihe tatsächlich rührender Szenen. Bongo ist ein fluffiges Nichts, untermalt mit sentimentalen 1940er Schnulzen.
Micky und die Kletterbohne ist da schon der deutlich bessere und spannendere Film. Wie der Titel bereits andeutet handelt es sich hier um eine Adaption des berühmten englischen Märchens „Hans und die Bohnenranke“. Nur dass es hier keinen Hans gibt, dafür aber Mickey, Donald und Goofy. Allein deshalb könnte Fröhlich, frei, Spaß dabei interessant für große Disney-Fans sein: Viele gemeinsame Auftritte waren dem Trio nicht vergönnt. Außerdem wurde Mickey hier das letzte Mal, in Teilen zumindest, von Walt Disney höchstpersönlich gesprochen. Der Geschichte selbst hatte das Mäuseimperium wenig hinzuzufügen. Der Ton war natürlich humorvoller, ein bisschen Slapstick soll das Abenteuer leichter verdaulich machen. Wobei sich der Bedrohungsfaktor aber ohnehin in Grenzen hält. Eigentlich scheint der Riese gar nicht wirklich monströs zu sein. Und seine offensichtliche Vorliebe für pinkfarbene Riesenkarnickel ist zumindest für Lacher gut.
Ein Anblick des Grauens
Das gilt für die Realsequenzen weniger. Eigentlich überhaupt nicht. Wohl um die spartanischere Aufmachung auszugleichen – mit den aufwendigen Meisterwerken Disney können es die beiden Minis nie aufnehmen – wurden zwei tatsächliche Schauspieler hinzugefügt: Kinderstar Luana Patten und Bauchredner Edgar Bergen. Eine verständliche Idee? Womöglich. Aber doch eine ganz, ganz schlechte. Nicht nur, dass die Rahmenhandlung so gar nicht mit den Zeichentricksequenzen harmoniert, die kläglichen Witze und veralteten Bauchrednertricks lassen das Segment zu einer echten Qual werden. Wenn überhaupt sind die beiden Puppen von Bergen Stoff für Alpträume. Und so treffen in Fröhlich, frei, Spaß dabei zwei Kurzfilme aufeinander, die es beide nicht gebraucht hätte. Die beide durchaus Qualitäten haben – die Optik, wenngleich nicht auf dem Level der „richtigen“ Disney-Filme, ist noch ziemlich ansehnlich –, aber aufgrund diverser Mängel allenfalls der Vollständigkeit halber im Regal stehen dürften.
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