Gintama Vol 1
© Hideaki Sorachi / Shueisha • TV-Tokyo • Dentsu • Sunrise

(OT: „Gintama“, Regie: Shinji Takamatsu, Japan, 2006)

Gintama Vol 1Es war einmal ein Land namens Japan, in dem die Männer vorzugsweise als Samurais, die Frauen als Geishas herumliefen. Bis sie kamen: Amanto. Woher genau diese außerirdische Rasse stammt, kann niemand sagen. Aber die Einflüsse auf den Inselstaat waren enorm. So mussten alle Samurais ihre Waffen abgeben und sich nun auf andere Weise ihre Brötchen verdienen. Oder auch ihre Erdbeermilch. Was gar nicht so einfach ist. Siehe Gintoki Sakata. Der ist zwar zu vielem bereit, weshalb er auch gleich eine „Alles-Agentur“ gegründet hat – erfüllt wird jegliche Art von Auftrag. Dummerweise will ihm aber kaum einer einen Auftrag geben. Und wenn doch mal die Aussicht auf etwas Geld da ist, kommt es meistens gleich ganz anders – woran die anderen Mitglieder der Agentur nicht ganz unschuldig sind.

Was ging da nicht für ein Aufschrei des Entzückens durch die Animegemeinde, als bekannt wurde, dass Gintama tatsächlich in Deutschland erscheint. Das dürfte auch daran gelegen haben, wie wenig wahrscheinlich dieses Ereignis war. Nicht nur, dass die Serie zehn Jahre zuvor begonnen hatte und bereits mehrere Hundert Folgen umfasste – was für Publisher oft etwas abschreckend ist – und sie selbst in den USA schnell fallengelassen worden war. Es handelt sich auch um eine Serie, die wie kaum eine andere eigentlich gar nicht zu übersetzen ist.

Ein Streifzug durch die japanische Popkultur
An dem grundsätzlichen Szenario liegt das weniger. Eine chronisch erfolglose Agentur hangelt sich von einem erbärmlichen Auftrag zum nächsten. Das hatte es auch zum Beispiel in Devil May Cry oder Hamatora: The Animation gegeben, welche beide ihren Weg hierherfanden. Die Adaption von Hideaki Sorachis gleichnamigen Manga ist dabei jedoch tief in der japanischen Popkultur verwurzelt. So liest Gintoki beispielsweise unentwegt das beliebte Manga-Magazin „Jump“, alle paar Sätze finden sich zudem Anspielungen auf beliebte Vorbilder aus Fernost. Einige davon wird man kennen, darunter Neon Genesis Evangelion, One Piece oder Space Pirate Captain Harlock. Auch Begriffe wie Moe oder ein Maiden Café dürften der Zielgruppe hierzulande geläufig sein. Viele nehmen jedoch auf das alltägliche Fernsehen Bezug oder gebrauchen auch allerlei Wortspiele – was im Deutschen nun mal nicht funktioniert. Trotz der erläuternden Untertitel.

Am meisten Spaß macht Gintama dann auch – vergleichbar zum Parodiekollegen Magical Shopping Arcade Abenobashi – wenn man diese kleinen Stückchen richtig zuordnen kann. Aber selbst ohne größere Vorkenntnisse kann man sich hier ganz gut amüsieren. Voraussetzung: eine Schwäche für den typisch japanischen alles-kann-Humor. Denn nicht nur die Agentur akzeptiert jeden Auftrag, so absurd er auch sein mag. Auch die Serie wirft zusammen, was zusammengeht. Auch wenn es nicht zusammengeht. Samuraischwerter und Raumschiffe, dazwischen Fernseher und besagte Manga-Magazine, die Idee einer in sich geschlossenen Epoche darf man hier gleich zu Beginn an der Garderobe abgeben. Diverse selbstironische Metakommentare zeigen, dass man sich hier auch selbst nie ernst nimmt. Und zur Not schauen eben die Außerirdischen mal wieder vorbei, seltsame Kreaturen im Schlepptau.

Spaß ohne Sinn und Verstand
Anspruchsvoll ist das natürlich nicht, wer hier eine Art Sinn erhofft, der kämpft von Anfang an auf verlorenem Posten. Auch ein roter Faden sollte besser nicht auf dem Wunschzettel stehen. Hin und wieder wird in den 13 Folgen der ersten Volume zwar Bezug auf Vorangegangenes genommen. Insgesamt stehen die Episoden aber eher für sich. Es ist sogar ratsam, sie einzeln anzuschauen, da das Konzept doch ein wenig ermüdend ist – was auch an dem Tempo und sich wiederholenden Witzen liegt, die zuweilen recht derb ausfallen. In der Summe ist Gintama aber ohne Zweifel eine unterhaltsame Angelegenheit, die vom Traditionsstudio Sunrise (Planetes, Steamboy) ansprechend umgesetzt wurde. Ein erlesener Genuss ist die Optik zwar ebenso wenig wie der Inhalt, dafür aber sauber und punktet mit diversen äußerst eigenwilligen Figurendesigns.



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Auch wenn die 13 Folgen sich bei aller Verrücktheit doch ein bisschen zu sehr ähneln, so macht „Gintama“ doch Spaß. Metakommentare, Anspielungen auf die japanische Popkultur und ein absurdes Abenteuer nach dem anderen: Die Manga-Adaption ist eine irre und ungeniert bescheuerte Actionkomödie, die weder Grenzen noch Sinn kennt.
7
von 10