(OT: „The Legend of the Sky Kingdom“, Regie: Roger Hawkins, Simbabwe, 2003)
Endlich rauskommen, ein eigenes Leben führen, weg von dem fürchterlichen Waisenhaus, in dem sie leben müssen, weg von der schäbigen Untergrundstadt – das wollten die drei Kinder. Sie haben sogar schon ein Ziel vor Augen, wo sie hinkönnten: das sagenumwobene Königreich im Himmel, das von einem weisen und gütigen König regiert wird. Einfach ist das jedoch nicht. Der Weg ist weit und beschwerlich. Und dann wäre da noch der böse Herrscher, dessen Schergen die drei Kinder verfolgen. Glücklicherweise bekommen sie aber Hilfe: Sie werden bald auf dem Weg von zwei außergewöhnlichen Männern begleitet sowie einem Fernseher, der ihnen den Weg weist.
Als Fan von Stop-Motion-Filmen ist man ja so einiges gewohnt, von schön bis schrecklich, von knuddelig bis grotesk. Aber selbst wer viele Werke mit dieser altehrwürdigen Animationstechnik gesehen hat, wird kaum vorbereitet sein, welche Anblicke sich einem bei The Legend of the Sky Kingdom bieten. Das hat einen einfachen Grund. Einen geradezu profanen sogar. Regisseur Roger Hawkins hatte kein Geld. Das ist beim Filmemachen meistens unpraktisch, da auf diese Weise Visionen nicht wie gewünscht umgesetzt werden können. Hier stellen sich diese Limitierungen aber als Segen heraus, zumindest für all die, die eigenartigen Filmen etwas abgewinnen können.
Aus Müll geschaffen, aber alles andere als Müll
Denn eigenartig ist die Produktion aus Simbabwe. Sehr sogar. Junkmation nannte Hawkins seine Methode, aus weggeworfenen Gegenständen bewegte Figuren zu machen. So wie Claymation, nur dass eben statt Knetmasse Müll zum Einsatz kommt. An vielen Stellen ist dann auch nur schwer zu erkennen, worauf wir hier eigentlich schauen. Die Schnauze einer Hundefigur besteht aus einer Wäscheklammer. Eines der drei Waisenkinder hat einen Quirl als Hand. Einmal meint man auch, eine Murmel als Auge wiedererkennen zu können. Der Rest ist eine willkürliche Ansammlung von Resten und Stücken, die keinen erkennbaren Sinn mehr in diesem Leben hatten.
Das ist ebenso bizarr wie faszinierend, eine absonderliche Aneinanderreihung von Dingen, die es gar nicht geben dürfte. Mit einer beeindruckenden Fantasie erschafft Hawkins hier sonderbare Welten, bei denen man nicht immer sagen kann, wo das eine Element anfängt, das andere endet. Völlig zurecht wurde The Legend of the Sky Kingdom deshalb auch seinerzeit beim Annecy Animationsfestival für den großen Preis nominiert. Technisch ist das natürlich einfach, Wasser wird noch schön altmodisch mit einer Plastikhülle geschaffen. Ein Effektfeuerwerk wie bei Laika, das gibt es bei dieser Low-Budget-Variante nicht. Eindruck hinterlässt der Film aber auch so. Einiges davon ist sogar recht furchterregend: Wer düstere Stop-Motion-Filme wie Alice oder Toys in the Attic – Abenteuer auf dem Dachboden mochte, der ist hier an einer guten Adresse.
Der Glaube ist stark
Gleichzeitig gibt es aber einen starken Kontrast zwischen dem Äußeren und dem Inneren. Die Geschichte basiert auf einem Kinderbuch von Phil Cunningham. Und zumindest vom Film ausgehend dürfte dieses nicht annähernd so einfallsreich sein wie die visuelle Umsetzung. Ein simples Abenteuer ist The Legend of the Sky Kingdom. Zudem eines mit stark religiösen Untertönen. „Believing is Seeing“, wird mehrfach betont. Nur wer den Glauben in sich trägt, wird am Ende den Himmel erreichen. Diesen missionarischen Zug muss man ignorieren können, so wie der Inhalt allgemein nicht so wahnsinnig viel hergibt. Die einzelnen Stationen während des Abenteuers sind sehr simpel, größere Überraschungen oder interessante Persönlichkeiten gibt es nicht. Man wird im Anschluss sogar so seine Probleme haben, die einzelnen Figuren auseinanderzuhalten – der Nachteil, wenn diese so wild zusammengewürfelt sind, dass nichts Erkennbares übrigbleibt. Aber alleine für die sonderbaren Szenerien, die man so nirgends sonst finden dürfte, lohnt es sich, diesen kleinen Film mal gesehen zu haben.
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