(OT: „Tom and Jerry: Willy Wonka and the Chocolate Factory“, Regie: Spike Brandt, USA, 2017)
Für Charlie Bucket gäbe es nichts Größeres, als endlich einmal die berühmte Schokoladenfabrik von Willy Wonka zu besuchen! Doch bei ihm reicht es nicht einmal dafür, sich einen der Riegel zu verkaufen: Charlie ist ein netter, aufrechter Junge, jedoch fast völlig mittellos. Wie der Rest seiner Familie auch. Die süßen Verlockungen aus dem Laden, er darf sie immer nur von der anderen Seite des Schaufensters sehen. Aber dann die großartige Nachricht: Willy Wonka öffnet exklusiv für die fünf Gewinner des goldenen Tickets seine Naschtresore und Charlie ist einer der fünf! Gleichzeitig schleicht jedoch ein Konkurrent von Wonka herum und versucht, an die geheimen Rezepturen zu kommen. Nur Tom und Jerry, die besten Freunde des Jungen, können ihn vor dieser Gefahr noch warnen.
Die Idee, dass bekannte Figuren in anderen, ebenfalls bekannten Geschichten auftauchen, die ist nicht ganz neu. Schon in den 40ern durften beispielsweise Frankenstein und der Wolf Man aufeinandertreffen, heute sind es vor allem Comic-Figuren, die mit Kollegen gern mal einen draufmachen. Aber auch Tom & Jerry sind es gewohnt, durch andere Szenerien zu hüpfen und zu jagen. In Der liebe Tom verliert den Kopf beispielsweise ist Jerry als Musketier im alten Frankreich unterwegs. In den letzten Jahren gab es unter anderem Crossovers mit Sherlock Holmes, „Der Zauberer von Oz“ und Robin Hood.
Zwei Welten, keine Verbindung
Eigentlich sollte es daher auch niemanden wirklich verwundern, wenn in Tom und Jerry: Willy Wonka und die Schokoladenfabrik der gleichnamige Klassiker von Roald Dahl (James und der Riesenpfirsich, BFG – Big Friendly Giant“) auseinandergenommen und neu zusammengesetzt wird. Und doch ist dieses spezielle Crossover eines der seltsamsten in einer langen Reihe von Sonderbarkeiten. Das größte Problem ist, dass hier nicht einmal versucht wurde, die beiden Welten wirklich sinnvoll zu kombinieren. Stattdessen nahm man den Filmklassiker aus dem Jahr 1971, orientierte sich optisch an ihm, übernahm sogar diverse Lieder daraus und setzte zum Schluss einfach die beiden Zeichentrickhelden ein.
Anders als etwa in Die Muppets-Weihnachtsgeschichte, wo die Fremdfiguren die Rollen der Buchvorlage übernahmen, sind Tom und Jerry einfach dabei. Als Fremdkörper. Hin und wieder dürfen sie in die Handlung eingreifen, bei besagtem Rettungsversuch etwa. Insgesamt hätte man sie aber auch problemlos rauslassen können, ohne dass es einen Unterschied gemacht hätte – wie beim Original. Nun muss das allein noch kein Todschlagargument sein, um etwas wieder zu streichen. Nicht alles, was inhaltlich entbehrlich ist, ist deshalb automatisch schlecht. So lange etwas Spaß macht, warum darauf verzichten wollen?
Viele Witze, wenig Witz
Doch das ist dann das größere Problem: Die ewigen Freunde/Feinde haben sich im Bereich der Familienunterhaltung im Laufe der letzten Jahrzehnte zweifelsfrei sehr verdient gemacht. Das bedeutet aber nicht, dass sie dadurch allein noch immer relevant wären. Oder auch lustig. Denn lustig ist Tom und Jerry: Willy Wonka und die Schokoladenfabrik leider so gar nicht. An Versuchen, das Publikum zum Lachen zu bringen, mangelt es sicherlich nicht. Aber wenn diese Versuche aus einer Ansammlung von altbackenen Slapsticknummern bestehen, wie sie schon seit Jahrzehnten immer wieder aufgetischt werden, dann hält sich die Begeisterung doch eher in Grenzen.
Wenn dieser Kontrast aus zwei bekannten Marken wenigstens gewinnbringend eingesetzt worden wäre, der Film aus seiner Absurdität Kapital schlagen würde, dann wäre das Crossover noch irgendwie zu rechtfertigen gewesen. Aber es wird doch recht schnell klar, dass hinter dieser Zusammenführung keine echte Idee steckte, sondern nur der zynische Versuch, mehr Geld zu verdienen. Und damit die Profitabilität noch etwas höher ausfällt, wurde bei der Umsetzung gespart. Bunt ist die Direct-to-Video-Produktion zweifelsfrei, ansonsten aber eine herbe Enttäuschung. Die Animationen sind simpel, bei den Designs mangelt es an einer Kreativität, wie sie Dahl würdig gewesen wäre. Die eingängigen Melodien sind auch in der Zeichentrickvariante unverwüstlich und zumindest hin und wieder blitzt auf, was die Geschichte um die Schokoladenfabrik zu einem Klassiker gemacht hat. Aber das ist insgesamt zu wenig, der Zeichentrickfilm tut zwar niemandem wirklich weh, es gibt aber auch keinen zwingenden Grund, warum man ihn sich anschauen sollte.
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