(OT: „68 Kill“, Regie: Trent Haaga, USA, 2017)
Vieles stimme in seinem Leben nicht, seine Beziehung würde aber nicht dazu zählen. Davon zumindest ist Chip (Matthew Gray Gubler) überzeugt. Schön, dass seine Freundin Liza (AnnaLynne McCord) für Geld mit alten, dicken Männern ins Bett steigt, ist ihm nicht so wirklich recht. Aber wer so super aussieht wie sie, der darf das. Als sie ihm eines Tages eröffnet, dass sie doch zusammen einen ihrer Sugar Daddies ausrauben könnten, ist ihm das nicht wirklich geheuer, lässt sich aber doch drauf ein. Böser Fehler. Anders als vorher ausgemacht hat Liza offensichtlich gar nicht vor, ihre Opfer am Leben zu lassen. Und so sind die beiden nun auf der Flucht, mit 68.000 Dollar in der Tasche, einer Waffe sowie der Geisel Violet (Alisha Boe). Und das ist erst der Anfang einer mörderischen Nacht.
Wo Trent Haaga drauf steht, da ist auch Trent Haaga drin. Wenn der Amerikaner ein Drehbuch schreibt, kann man sich eigentlich sicher dass, dass es 1. blutig und 2. komisch wird. Siehe etwa Cheap Thrills und It Came from the Desert. Das ist bei seinem zweiten Film als Regisseur nicht groß anders, auch wenn die eigentliche Geschichte gar nicht von ihm stammt: 68 Kill basiert auf einem Roman von Bryan Smith. Am Ergebnis ändert das aber wenig, auch hier darf fleißig Blut fließen und ebenso fleißig gelacht werden. Voraussetzung: Man mag seinen Humor etwas dunkler.
Zwei, die nicht zusammenpassen … zum Glück!
Der Witz besteht natürlich erst einmal darin, dass die beiden Protagonisten so grundverschieden sind. Chip ist ein netter, zurückhaltender Mann, harmlos, ein bisschen treudoof in seiner Beziehung. Liza ist dagegen ein absoluter Wirbelwind. Widerspruch ist zwecklos, die Frau weiß was sie will und weiß, wie sie es bekommt. So viel wird schnell klar. Aber nicht nur der nichtsahnende Liebestrottel macht bald große Augen, wenn sich die psychotischen Seiten der wenig holden Maid offenbaren. Haaga hat dafür dann auch eine genreerfahrene Idealbesetzung gefunden. Gubler war beispielsweise in Suburban Gothic als armer Tropf inmitten übernatürlichen Wahnsinns zu sehen. McCord wiederum zeigte vor Jahren in Excision, dass sie sich im Körper einer völlig gestörten Figur wohl fühlt.
So unheimlich wie Letzterer ist das neue Werk der Schauspielerin jedoch nicht. Hier soll das Publikum gar nicht das Fürchten gelehrt werden. Dafür werden die diversen Morde und sonstigen kleinen Gemeinheiten einfach nicht ernst genug genommen. Es reicht Haaga, wenn es etwas zu lachen bekommen. Und das geht über die üblichen Mechanismen: Absurdität und Eskalation. Es braucht nicht lang, bevor die Situation völlig außer Kontrolle gerät. Danach? Wird es schlimmer, viel schlimmer – zumindest aus der Sicht von Chip. Die Zuschauer dürfen sich hingegen freuen, wenn das Chaos immer größer und blutiger wird.
Sympathisch, aber mit Längen
Aber auch die werden bei dem Beitrag vom Fantasy Filmfest 2017 vielleicht nicht ganz so viel Spaß haben, wie sie vorher erhofft haben. Dass sich eine hübsche, nette Frau als Psychopathin herausstellt, ist beim ersten Überraschungsmoment noch unterhaltsam. Es reicht aber nicht als Prinzip, um einen ganzen Film damit zu tragen. Dessen war man sich hier wohl auch bewusst und fügte deshalb noch eine Reihe weiterer seelischer Wracks ein, die ebenfalls für Geld und ein bisschen Blutrausch alles tun würden. Bemerkenswert ist dabei die hohe Frauenquote: 68 Kill räumt – vergleichbar zu den Festivalkollegen Tragedy Girls und Double Date – mit dem Vorurteil auf, dass Frauen in Horrorfilmen nur leicht bekleidete Scream Queens sein können. Das bringt dem Film einige Bonus- bzw. Sympathiepünktchen ein, täuscht aber nicht darüber hinweg, dass es gerade im Mittelteil doch zu Längen kommt, wenn die Überraschungen ausbleiben.
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