Das Ende ist erst der Anfang
© NFP

Das Ende ist erst der Anfang

(OT: „Les Premiers, les Derniers“, Regie: Bouli Lanners, Frankreich/Belgien, 2016)

Das Ende ist erst der Anfang DVD
„Das Ende ist erst der Anfang“ ist seit 21. September 2017 auf DVD und Blu-ray erhältlich

Beginnlos erstreckt sich die bizarre Form der Betonbrücke von einem Teil des Bildschirms zum anderen. Bouli Lanners (Ich bin tot, mach was draus!, Alle Katzen sind grau), so heißt es, baute den Plot von „Das Ende ist erst der Anfang“ um dieses real existierende Konstrukt im französischen Flachland Beauce. Zugleich als Regisseur, Autor und Darsteller spinnt er ein Erzählnetz um zwei Paare, Jäger und Gejagte, das beginnt wie ein klassischer Tarantino-Western: Lange Kamerafahrten, reduzierter Musikeinsatz, absurd ehrliche Dialoge.

Gilou (Bouli Lanners) und Cochise (Albert Dupontel) sind auf der Suche nach einem ominösen Mobiltelefon, Willy (David Murgia) und Esther (Aurore Broutin) schlagen sich zu Fuß durch die Einöde. Die beiden sind offensichtlich auf der Flucht, suchen Schutz zwischen den kalten, riesenhaften Stehlen der Brücke in übergroßen Bauearbeiterjacken, deren neonorange Farbe das Versteckspiel an sich ad absurdum führt. Das Handy, ein klassischer Mac Guffin, treibt diese beiden ungleichen Gespanne durch stahlgraue Bilder, deren Statik die Anspannung der Figuren konterkariert.

Fragen über Fragen
Warum hat Willy das Handy? Warum ist es so wichtig, dass zwei Männer bezahlt werden, um es zurückzuholen? Und wovor versteckt sich das Pärchen, das anscheinend nicht weiß, dass es wegen des Handys verfolgt wird. Noch mysteriöser wird die Handlung durch die Auftritte des skurrilen Personals und der überpräsenten Symbolik: Ein Landstreicher, der sich als Jesus vorstellt, Feuer mit nassem Papier entfachen kann und tatsächlich stigmatisiert wird. Ein ebenso schwatzhafter, wie streitsüchtiger Kneipenbesucher, dessen Neugier ihm zum Verhängnis wird und ein fast bettlägriger Greis, der im Gewächshaus seiner heruntergekommenen Pension einen exotischen Strelitziengarten pflegt.

Doch spätestens als das Objekt der Begierde gefunden und das Geheimnis des Handys gelüftet ist, verliert Das Ende ist der Anfang seinen Spannung generierenden Motor. Die Geschichte plätschert weiter als konventionelles Roadmovie, an dessen Ende aus den jagenden Söldnern moralische Sucher werden. Fast hat man das Gefühl, Lanners beugt sich der Konvention, weil er es nicht erträgt, seine Figuren dem unausweichlichen Tod zu überlassen. Er gibt ihnen noch eine Chance alles besser, anders, neu zu machen. Der Titel ließe eigentlich schon die christliche Heillehre vom ewigen Leben ahnen.



(Anzeige)

Ein ungewöhnlicher Film über das Altern verpackt in harte, männliche Ästhetik. Eine Studie über individuelle Lebensmotivation, Moral und Glauben, die man in den ersten Minuten so nicht vermutet hätte. Tarantino-Fans sei deshalb eher abgeraten.
6
von 10