(OT: „The Mist“, Regie: Frank Darabont, USA, 2007)
Wer sowohl Stephen-King– als auch Filmfan ist, der wird schwerlich an Frank Darabont vorbeigekommen sein. Der Regisseur zeichnet verantwortlich für unter anderem Die Verurteilten und The Green Mile – beide zählen zu den besten King-Adaptionen; ersterer führt seit etwa einem Jahrzehnt die Top-250-Liste bei IMDb an und war davor jahrelang auf Platz 2. Angesichts der 25 Mio. Dollar Budget für Die Verurteilten (1994) und 60 Mio. für The Green Mile (1999), mutet es zunächst seltsam an, dass Darabont für eine weitere Adaption – Der Nebel (2007) also – ein relativ geringes Budget von 18 Mio. zur Verfügung hatte. Das liegt daran, dass Darabont 2001 für The Majestic ein Budget von 72 Mio. in die Hand gedrückt bekam und der Film ein furchtbarer Flop wurde – finanziell noch mehr als inhaltlich. Die gewünschte Schwarzweißversion wurde ihm ebenfalls verwehrt, auch wenn sie sich glücklicherweise als DVD-Extra finden lässt. Hat das niedrige Budget Der Nebel geschadet? Jein.
Während Künstler David Drayton (Thomas Jane) mit seinem Sohn Billy (Nathan Gamble) und seinem Nachbarn Brent Norton (Andre Baugher) einkauft, legt sich ein mysteriöser Nebel um den Supermarkt. Schon bald wird klar, dass er nicht natürlichen Ursprungs sein kann, zumal er furchtbare Kreaturen mit sich gebracht hat. So wird der Supermarkt zu einer Art Schutzbunker, in dem schon bald Mrs. Carmody (Oscarpreisträgerin Marcia Gay Harden) das Kommando an sich reißt – die religiöse Fanatikerin hat unter den Quasi-Gefangenen eine Anhängerschaft gesammelt, indem sie den Nebel für ihre Zwecke als Strafe Gottes instrumentalisiert. Je länger sich die Menschen im Supermarkt aufhalten, desto mehr Anhänger kann Mrs. Carmody rekrutieren, darunter auch welche, die sie anfangs als Spinnerin abtaten. Als der Gefreite Jessup (Sam Witwer) gesteht, dass der Nebel und die Monster infolge eines schiefgegangenen Militärexperimentes in unsere Welt kamen, macht das die Sache nur noch schlimmer, denn Mrs. Carmody verlangt ein Menschenopfer, um Gott zu besänftigen.
Ein fast komplett gelungener Film
Zugegeben: Die Spezialeffekte waren schon bei Erscheinen des Films nicht gerade state of the art. Gealtert sind sie auch nicht sonderlich gut. Was hingegen mehr als gelungen ist: fast der komplette Rest. Der Nebel ist weniger ein klassischer Horrorfilm, sondern entwirft vielmehr ein Dystopieszenario. Aus dem Alltag herausgerissen und vom Rest der Welt abgeschottet, müssen sich die Kunden und Mitarbeiter des Supermarkts neu orientieren, was alsbald zu einer Autokratie führt. In Das Experiment wurde einer Gruppe Macht entzogen und der anderen Macht gegeben, aber selbst ohne diese Vorbedingung brechen bei Menschen die Urinstinkte durch, wenn es keine verbindlichen Richtlinien für das Zusammenleben gibt, wie sie in einer funktionierenden Gesellschaft in Form von Gesetzen existieren, die von Polizei und Judikative überwacht beziehungsweise durchgesetzt werden. Die besonderen Umstände in Der Nebel spielen Mrs. Carmody in die Hände, bieten sie doch die beste Argumentationsgrundlage für ihre verqueren Gottestheorien gegenüber den verängstigten Mitgefangenen. Letzten Endes liefert der Film also sogar eine Art psychologische Studie, gespickt mit Horrorelementen, nimmt dabei aber nur eine beobachtende und keine belehrende Rolle ein.
Ein Knaller zum Ende
Das Beste am Film ist das Ende, zu dem hier nur wenige Worte verloren werden sollen, da es dem unvorbereiteten Zuschauer einen emotionalen Bauchschuss verpasst. Selbst diese vorsichtige Formulierung könnte schon zu viel vorwegnehmen, doch es kann nicht verschwiegen werden, wie brillant dieses Ende ist. Erwähnenswert ist auch der Anfang, als David ein Bild malt, das an Kings Romanzyklus Der schwarze Turm angelehnt ist, und im Hintergrund Anspielungen auf andere (nicht nur King-)Filme zu sehen sind. Was wohl gewesen wäre, wenn Darabont bei der Verfilmung für Buch und Regie verantwortlich gewesen wäre, darüber kann leider nur spekuliert werden. Die Fans der Reihe hätten es sicherlich verdient.
(Anzeige)