(OT: „Meitantei Konan: Suiheisenjyou no Sutorateeji“, Regie: Yasuichiro Yamamoto, Japan, 2005)
15 Jahre ist es inzwischen her, dass das Frachtschiff Yatsushiromaru I mit einem Eisberg kollidierte und mit Mann und Maus unterging. An das damalige Unglück mag heute aber keiner mehr denken, der neue Luxusliner soll jegliche trüben Gedanken wegblasen, die Vergangenheit vergessen lassen. Doch auch das neue Schiff scheint vom Unglück verfolgt zu werden. Als einer der Konstrukteure im Vorfeld unter mysteriösen Umständen ums Leben kommt, vermutet man noch einen tragischen Unfall. Doch dann geschehen während der Jungfernfahrt ebenso unerklärliche Morde. Klar ist: Das kann kein Zufall sein. Aber wer steckt dahinter? Und warum wurden diese Menschen getötet? Glücklicherweise sind auch Conan und seine Freunde an Bord des Schiffs und nehmen bald das Heft in die Hand.
Und wenn er nicht gewachsen ist, ermittelt er noch heute: Seit 1997 schon besucht der kleine Meisterdetektiv Conan einmal jährlich die große Leinwand, löst rätselhafte Fälle, ohne sich zu erkennen zu geben. Das ist beim neunten Film, der 2005 in die japanischen Kinos kam, nicht wirklich anders. Größere Experimente werden bei der Adaption von Gosho Aoyamas Erfolgsmanga vermieden, Das Komplott über dem Ozean verlässt sich auf die übliche Mischung aus mysteriösen Morden, absurden Actionsequenzen und viel humorbetonter Interaktion innerhalb der immer größer werdenden Crew.
Auf zu neuen Ufern!
Zumindest teilweise werden hier aber neue Wege aus dem Krimialltag gesucht. Zum einen verzichtet Das Komplott über dem Ozean auf die ursprünglich doch sehr prominenten Worträtsel. Das macht den Anime für Nicht-Japaner deutlich bekömmlicher, da diese auf verschiedenen Aussprachen von Schriftzeichen bzw. Wortspielereien basierten. Und so etwas lässt sich kaum übersetzen. Interessanter noch ist aber, dass der Film diesmal viel vorwegnimmt. Wo in anderen Teilen der Endlosreihe Motive aus dem Zylinderhut gezogen wurden – und oft völliger Humbug waren –, wird hier schon vor dem Hauptfall alles verraten. Mehr noch: Auch der Täter wird nicht verschwiegen. Detektiv Conan wandelt sich hier von einem klassischen Whodunnit zu einem Krimi à la Columbo, wo nicht die Identität des Mörders, sondern die Suche nach ihm im Vordergrund steht.
Zähes, unnötig verkompliziertes Ende
Das ist dann meistens weniger spannend. Schließlich steht von vornherein fest, dass der Detektiv am Ende den Täter schnappt, Rätselraten fällt weg. So ganz konnte man es hier dann aber doch nicht lassen. Also führt Das Komplott über dem Ozean später einige Wendungen ein, um doch noch ein bisschen Nervenkitzel ins Spiel zu bringen. Das ist einerseits sympathisch, in der konkreten Ausführung aber wenig geglückt. Eigentlich wird die Geschichte damit nur unnötig in die Länge gezogen, ergibt zudem gleich wieder deutlich weniger Sinn – ein häufiges Problem der Reihe. Ärgerlich ist zudem das Ende, das sich sehr viel mehr zieht, als es dürfte. Der Film hat den Inhalt einer TV-Folge, aber auf ein Vielfaches aufgeblasen. Man hat hier den Eindruck, dass keiner so recht wusste, was mit dem Szenario anzufangen ist.
Das ist auch deshalb schade, weil ein begrenzter Schauplatz – Das Komplott über dem Ozean spielt ausschließlich auf dem Schiff – für einen Krimi normalerweise sehr dankbar ist. Das bewies Detektiv Conan selbst bei dem zweiten Kinofilm Das 14. Ziel, wo ebenfalls ein Mörder an Bord eines Schiffes sein Unwesen trieb. Anstatt dieses Szenario stärker zu verfolgen, wird hier alles mal zusammengeworfen, in der Hoffnung, dass das schon irgendwie passt. Visuell ist der Film sehr viel weniger auffällig: Tôkyô Movie Shinsha (Lupin III – Das Schloss von Cagliostro, Chie the Brat) liefert hier nur Standardkost ab. Das Schiff selbst bietet natürlich von vornherein wenig Anlass für optische Abwechslung – wie unterschiedliche können Gänge und Kabinen schon sein? Aber auch sonst gibt es wenig, was aus dem Anime trotz eines interessanten Anfangs mehr als Durchschnitt machen würde.
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