(OT: „Deutschland im Herbst“, Regie: Rainer Werner Fassbinder u.a., Deutschland, 1978)
Deutschland im Herbst ist ein episodenhafter Mix aus gespielten Szenen, politischen Diskussionen sowie Interviews und letzten Endes geschichtlicher Aufarbeitung mithilfe von dokumentarischen Aufnahmen. Einige der bekanntesten und erfolgreichsten Vertreter des Neuen Deutschen Films fühlten sich durch die linksextremistischen Terrortaten der RAF dazu berufen, gemeinsam einen Film zu diesem Thema herzustellen. Den Anfang macht Rainer Werner Fassbinder; die Platzierung seines Segments scheint ein großer Fehler gewesen zu sein. Verglichen damit wirken die Beiträge der anderen Filmemacher – etwa Volker Schlöndorff oder Alexander Kluge – beinahe spröde.
Deutschland im Herbst hätte sehr davon profitiert, sich Fassbinders nackte Tatsachen als Höhepunkt für den Schluss aufzuheben. So zeichnet Deutschland im Herbst zwar auch heute noch ein lebensnahes Bild der damaligen Zeit, vermag dem gegenwärtigen Zuschauer künstlerisch allerdings wenig zu bieten. Wer den Film bei seiner Erscheinung gesehen hat, der wird dies aufgrund der Aktualität auch mit anderen Augen getan haben, weshalb dieser Qualitätsabfall nicht zwingend bemerkt worden sein muss.
Dennoch enthält Deutschland im Herbst auch einige Längen, die selbst unter Berücksichtung der Umstände nicht so einfach wegzudiskutieren sind. So widmet sich beispielsweise ein ganzer Abschnitt einer inszenierten Diskussion von vermutlich Kulturschaffenden, die darüber debattieren, ob Antigone von Sophokles denn nun aufgeführt werden dürfe oder das Stück nicht doch zu gewalttätig, zu terrorfördernd sei. Der Abschnitt endet recht ergebnislos, was die These untermauert, dass man ihn gleich ganz hätte außen vor lassen können.
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