(OT: „Die Migrantigen“, Regie: Arman T. Riahi, Österreich, 2017)
So richtig gut läuft es derzeit ja nicht gerade bei den beiden Freunden. Benny (Faris Rahoma) versucht verzweifelt, als Schauspieler irgendwo Fuß zu fassen. Marko (Aleksandar Petrović) hat kürzlich seinen Job verloren und muss sich auch noch um seinen Vater kümmern, zu dem er kein besonders gutes Verhältnis hat. Geld hat ohnehin keiner von ihnen. Da trifft es sich ganz gut, als sie eines Tages von der TV-Redakteurin Marlene Weizenhuber (Doris Schretzmayer) angesprochen werden. Denn die will einen Film über Immigranten in Wien drehen. Die beiden sind zwar längst in die Gesellschaft integriert. Doch die Aussicht, mit der Dokuserie eventuell Geld zu verdienen, verleitet sie dann doch, bei dem Projekt mitzumachen und dabei so ziemlich jedes Klischee zu bedienen, das einem einfällt.
Auch wenn sich die Medien für das Thema Flüchtlinge zuletzt nicht mehr ganz so sehr interessieren, im Kino gibt es mehr als genügend Beiträge, die diese Lücke schließen. Die Migrantigen behandelt jedoch weniger die Frage, was mit den vielen Menschen passieren soll, die nach Europa strömen. Vielmehr wird hier überlegt: Was geschieht eigentlich mit denen, die schon hier sind. Mit den Ausländern, die in der Fremde ein neues Leben aufbauen. Überraschend wählte Regisseur Arman T. Riahi hier aber weder das Drama noch die Dokumentation, obwohl er gerade im letzteren Bereich erfahren ist – etwa in Everyday Rebellion. Stattdessen drehte er hier eine Komödie, die sich ausgerechnet über eine Doku lustig macht. Eine Doku, die mehr an einer Geschichte denn an der Wahrheit interessiert ist.
Hier bekommt jeder sein Fett weg
Das ist sowohl auf der Meta-Ebene lustig, wie auch ganz konkret: Wenn sensationsgeile Medien auf der Jagd nach einer Story alles nehmen, was sie finden, dann braucht es keinen Kontext, um mindestens schmunzeln zu können. Zumal Die Migrantigen ja nicht nur die fragwürdigen Methoden von Journalisten aufs Korn nimmt. Vielmehr ist der Film eine allgemeine Auseinandersetzung mit Vorurteilen. Wir alle haben sie irgendwo, der eine mehr, der andere weniger, oftmals ohne sich dessen bewusst zu sein. Wenn Rahi und seinen beiden Hauptdarstellern – die beide am Drehbuch mitschrieben – eines gelingt, dann ist es, einem den Spiegel vorzuhalten und eigene Ansichten in Frage zu stellen.
Welche Erwartungen habe Menschen mit Migrationshintergrund gegenüber? Ab wann wird aus diesen Erwartungen ein Vorurteil? Können wir überhaupt leben, so ganz ohne Vorurteil? Das alles sind wichtige Fragen, welche Die Migrantigen jedoch eher beim Vorbeifahren streift. Allzu intellektuell will die Komödie gar nicht sein, Spaß steht im Vordergrund. Das klappt mal besser, mal schlechter. Wenn sich die zwei völlig unbeholfen irgendwelcher Klischees bedienen und versuchen eben die Erwartungen zu erfüllen, von denen sie gar nicht so genau wissen, wie die aussehen, dann ist das schon amüsant.
Zum Ende geht die Luft aus
So ganz hält die Idee dann aber doch nicht über die volle Laufzeit. Zu sehr versteift sich Die Migrantigen darauf, Witze nach demselben Schema zu erzählen, Situationen wieder und wieder zu wiederholen. Zudem leidet das originelle Szenario auch darunter, dass der Film an sich völlig unoriginellen Wegen folgt. Im Grunde ist die Komödie nur eine weitere der vielen, in der ein Protagonist mit einer Lüge den Weg nach oben sucht. Das geht – so verlangt es das Gesetz des Genres – eine Weile gut, bis dem Lügenden alles über den Kopf wächst, die Geschichte eskaliert, das Kartenhaus krachend zusammenbricht und im Anschluss alle ein bisschen schlauer sind.
Zu keinem Zeitpunkt weicht der Film dabei nennenswert von dieser Formel ab, es fehlen die überraschenden Momente. Denn auch die kleineren Nebenstränge, die irgendwo eingeflochten wurden, verschwinden irgendwann im Nichts. Schade ist es schon, dass der Film, der so widerspenstig begann, so unkorrekt, am Ende dann doch ein bisschen zu brav bleibt und das Risiko scheut. Sympathisch ist er dennoch. Es gibt einige herrlich absurde Szenen. Und wer den typisch österreichischen Humor mag, der wird hier ohnehin gut bedient.
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