Mit einer Schönheitsoperation fing es an: Eigentlich wollte sich die Freundin von Xiao Zheng etwas richtig Gutes gönnen, indem sie sich unters Messer legte. Doch das Ergebnis ist eine Katastrophe. Völlig verunstaltet ist sie, aufgeschwollen. Nur ein Besuch bei einem Spezialisten in Südkorea kann das Gesicht jetzt noch retten. Da dies aber sehr teuer ist, schnappt sich Xiao in seiner Verzweiflung die Tasche seines Bosses, in der ein Million Yuan stecken. Ist ja für einen guten Zweck. Sein Chef sieht das freilich ein klein wenig anders und legt alles dran, seinen Besitz zurückzubekommen. Und er ist nicht der einzige: Als sich herumspricht, dass da irgendwo ein beträchtliches Sümmchen im Umlauf ist, kommen von überall her Interessenten, welche die Tasche an sich nehmen wollen – egal mit welchen Mitteln.
Etwas kurios war es ja schon. Da war Have a Nice Day bereits als Beitrag vom diesjährigen Animationsfestival in Annecy angekündigt, sollte sogar beim Wettbewerb antreten, da musste er auf Druck der chinesischen Behörden kurzfristig zurückgezogen werden. Kurios deshalb, weil der Film zuvor bei der Berlinale gezeigt wurde, und anschließend auf diversen anderen Festivals zu sehen war. Auf dem Neuchâtel International Fantastic Film Festival zum Beispiel. Beim Animationsfilmfest Fantoche. Nun ist es das Fantasy Filmfest, im Rahmen dessen das Werk derzeit durch ganz Deutschland tourt. Warum der Film ausgerechnet in Annecy nicht gezeigt wurde? Keine Ahnung. Aber passt zu einem Werk, bei dem so vieles keinen Sinn ergibt.
Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Vermutlich störte man sich in dem Reich der Mitte daran, dass Have a Nice Day nicht unbedingt sehr respektvoll mit dem Heimatland umgeht. Die Stadt selbst ist ein heruntergekommener Müllhaufen – sofern man das durch den ständigen Smog überhaupt beurteilen kann. Die Leute, die dort herumlaufen, haben so gar kein Verständnis für Moral. Schlimmer noch: Sie sind auch noch ziemlich dämlich. Bei dem Versuch, sich gegenseitig das Geld abzuluchsen, geht ständig etwas schief. Und das bedeutet meistens Exitus. Dass an manchen Stellen Insignien des guten alten Kommunismus offensichtlich lächerlich gemacht werden, dürfte den zuständigen Behörden auch nicht wirklich gefallen haben. Jede Einstellung, jede Szene, sie lässt China ziemlich hässlich aussehen.
Ein bisschen erinnert das an die Werke des südkoreanischen Kollegen Sang-ho Yeon. Auch der machte in seinen Animationsfilmen The King of Pigs, The Fake und Seoul Station keinen Hehl aus seiner Verachtung für vieles, was in seinem Heimatland so passiert. Der Unterschied: Have a Nice Day tut dies mit Humor, was sich auch an dem ironischen Titel zeigt. Ob Regisseur und Drehbuchautor Jian Liu noch Ambitionen auf Wandel hat? Den Finger in die Wunde legen will? Das eher nicht. Es reicht ihm sich darüber lustig zu machen.
Inhalt? Ist doch Nebensache …
Dabei hat Have a Nice Day kaum Witze im eigentlichen Sinn. Es ist eher die Anhäufung von Absurditäten und das ständig wachsende Chaos, welche einen zum Lachen bringen. Wenn dann auch noch Dialoge fallen von Leuten, die alle schlauer sein wollen, als sie sind, kann das ebenfalls vergnüglich sein. Spannend ist der Film hingegen kaum. Anfangs rätselt man noch ein wenig mit, da Liu sich recht viel Zeit damit lässt, die Geschichte zu erzählen. Wir bekommen immer nur Brocken vorgeworfen. Worum es denn eigentlich geht, wird auch aufgrund der ständig wechselnden Protagonisten erst nach einer Weile klar. Und ist auch nicht wirklich wichtig.
Was dem Film stärker schadet als der dünne Inhalt ist jedoch die Art und Weise, wie der unters Publikum gebracht wird. Langsam, langsam, ohne große Eile schleicht Liu umher, hat gar nicht wirklich vor, die Handlung denn mal voranzutreiben. Das Ergebnis: Obwohl Have a Nice Day gerade mal 75 Minuten lang ist, kommt er einem viel länger vor. Immerhin gibt das Gelegenheit die Bilder zu bewundern. Während die Animationen recht dürftig sind – auch da hat der chinesische Filmemacher nicht viel für Bewegung übrig –, gefallen die Hintergründe durch zahlreiche Details. Der Einsatz von Licht und Schatten ist beispielsweise überaus gelungen, auch das trägt zu der starken Atmosphäre des komödiantischen Krimis bei. Wie man es nur selten bei Animationsfilmen erlebt, schafft es dieser hier, einen in das Geschehen hineinzuziehen und das Gefühl zu geben, an einem realen Ort zu sein. Auch wenn man sich nicht immer ganz sicher ist, ob man das denn nun so will oder nicht.
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