(OT: „Mayhem“, Regie: Joe Lynch, USA, 2017)
Derek Cho (Steven Yeun) ist jetzt schon eine ganze Weile bei Towers & Smythe Consulting angestellt. Zu lange, wenn es nach dessen Schwester geht, die mitansehen muss, wie ihr Bruder immer rücksichtsloser und karrierebesessen wird. Und doch nicht lange genug, um irgendeine Form von Loyalität erwarten zu können. Als ein Bauernopfer gesucht wird, um eine schmutzige Geschichte zu vertuschen, sind sich sein Boss John Towers (Steven Brand) und die einflussreiche Kollegin Kara (Caroline Chikezie) einig: Derek war’s! Der will das aber nicht so einfach auf sich sitzen lassen. Und wie es der Zufall so will, steht das Unternehmen ausgerechnet an dem Tag unter Quarantäne, weil sich der Virus ID7 dort breitmacht. Der sorgt dafür, dass Menschen jegliche Hemmung verlieren, selbst brave Vorzeigebürger zu Mördermaschinen werden. Eine ideale Voraussetzung für Derek, sich notfalls mit Gewalt sein Recht einzufordern. Unterstützung findet er dabei bei Melanie Cross (Samara Weaving), die eigentlich aus geschäftlichen Gründen zu Towers & Smythe Consulting kam und selbst einen gewaltigen Groll in sich trägt.
Dass man ein Schwein sein muss in dieser Welt, das haben die Prinzen schon vor über 20 Jahren erfolgreich besungen. Heute reicht aber nicht einmal mehr das, es gehören auch schon ziemlich psychopathische Züge dazu, um sich durchsetzen zu können. Das zumindest lernen wir aus Mayhem, das so rein gar nichts Positives über die derzeitige Unternehmenskultur zu sagen hat. Damit rennen Regisseur Joe Lynch und Drehbuchautor Matias Caruso natürlich offene Türen ein. Gegen die da oben zu schimpfen, hat Hochkonjunktur. So begeistert sind manche Leute von der Idee, es der selbstsüchtigen Elite zu zeigen, dass sie schon mal den Bock zum Gärtner machen. Oder zum US-Präsidenten.
Anspruchsvoll? Nee …
Der Beitrag vom Fantasy Filmfest 2017 versucht dann auch erst gar nicht, differenziert an die Sache zu gehen. Oder auch Sinn zu ergeben. Die Sache mit dem Virus ist eine nur zu offensichtliche Vorlage, um innerhalb des Bürogebäudes mal so richtig die Sau rauszulassen. Eine wirkliche Erklärung dafür liefert der Film nicht. Und auch bei den Figuren wurde nur das Allernötigste getan. Am ehesten würde man noch der Titelfigur zugestehen, so etwas wie eine Entwicklung durchzumachen. Der Rest besteht größtenteils aus überzogenen Karikaturen, in denen so ziemlich jedes Klischee einmal verbraten wird. Beispiel: der Personalchef (Dallas Roberts), der von allen nur „The Reaper“ genannt wird.
Wer hier eine Form intelligenter Unterhaltung erwartet, der tut sich damit also keinen Gefallen. Mayhem ist eine Haudraufsatire ohne jegliche Subtilität oder gesteigerten Anspruch. Aber eben auch eine unterhaltsame. Gerade weil man hier nie das Gefühl hat, es mit realen Menschen zu tun zu haben, kann man ohne jegliches schlechte Gewissen zuschauen, wie sich hier jeder die Köpfe einschlägt. Oder die Seele aus dem Leib fickt. Der Spaß besteht dann auch unter anderem darin, dass die unmöglichsten Gegenstände verwendet werden, um sein Gegenüber einen Kopf kürzer zu machen. Da wird als Waffe genommen, was man in einem Bürogebäude nun mal so findet.
Wenig ernst gemeintes Guilty Pleasure
Das ist dem Kollegen Das Belko Experiment nicht unähnlich. Glücklicherweise machte man hier aber nicht deren Fehler, sich so wahnsinnig ernst zu nehmen. Bei all dem Blut und der sadistischen Grausamkeit ist Mayhem letztendlich eine Komödie. Von Anfang an, wenn Derek aus dem Off das Geschehen kommentiert, wird ein humorvoller Ton angeschlagen. Mit viel Freude an der Übertreibung und zur Hässlichkeit verkörpern die Schauspieler ihre Rollen, laden dazu ein, hier für eine Weile etwas Dampf abzulassen. Das ist am Ende nicht mehr als ein satirisch angehauchtes Guilty Pleasure, vergleichbar zu God Bless America. Nur dass hier eben keine selbstverliebten Sternchen dran glauben müssen, sondern arrogante und profitgierige Wirtschaftsbosse. Und wer kann dazu schon nein sagen?
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