Meine schöne innere Sonne
© Pandora Filmverleih

Meine schöne innere Sonne – Isabelle und ihre Liebhaber

(OT: „Un Beau Soleil Intérieur“, Regie: Claire Denis, Frankreich, 2017)

Meine schöne innere Sonne
„Meine schöne innere Sonne“ läuft ab 14. Dezember 2017 im Kino

Eigentlich läuft es im Leben von Isabelle (Juliette Binoche) ja so richtig gut. Sie ist eine erfolgreiche und angesehene Künstlerin, ist beliebt, hat viele Freunde, sieht gut aus. Nur das mit der Liebe will so gar nicht bei ihr klappen. Das liegt weniger an mangelndem Einsatz. Oder an Gelegenheiten. Ständig macht sie die Bekanntschaft neuer Männer (Xavier Beauvois, Nicolas Duvauchelle, Philippe Katerine, Alex Descas), die aus den unterschiedlichsten Bereichen kommen, die unterschiedlichsten Lebensziele verfolgen. Und doch will da irgendwie nie der richtige dabei sein, der Traum vom großen Liebesglück bleibt unerfüllt.

Ach ja, die Liebe. Was haben wir nicht alle schon einmal wegen ihr gelitten, sind ihr hinterhergejagt, nur um uns am Ende doch wieder eine blutige Nase zu holen. Da spielt es fast schon keine Rolle mehr, wie alt man ist, wo man gerade im Leben steckt oder wonach man sucht. Irgendwie macht sie immer Scherereien, ganz ohne ist aber auch doof. Insofern hat es etwas Tröstliches, wie Isabelle sich einen abmüht, ihren Kopf ständig gegen die Wand haut, obwohl sie es doch eigentlich sehr viel besser wissen sollte. Und obwohl sie etwas Besseres verdient hätte. Jemand Besseres. Wie wir alle.

Humor ist, wenn man trotzdem lacht
Claire Denis, die hier „Fragmente einer Sprache der Liebe“ von Roland Barthes filmisch verarbeitet, nimmt das Scheitern aber mit Humor. Das ist nicht selbstverständlich, denn eigentlich ist die Regisseurin für etwas härtere Stoffe bekannt. Kein Wunder also, dass beim 35. Filmfest München, das von Meine schöne innere Sonne eröffnet wurde, diese Besonderheit sehr hervorgehoben wurde: Denis hat eine Komödie gedreht. Ihre erste. Mit 70 Jahren wohlgemerkt.

Dabei hätte sie aus dem Material auch gut und gern ein Drama machen können. Immer wieder wird es hier Szenen geben, die eigentlich so gar nicht zum Lachen sind. Mit einer solchen geht es auch gleich los, wenn Isabelle unter den ungelenken Liebesstößen ihres aktuellen Freundes zu leiden hat. Der eigentlich nicht wirklich ein Freund ist, sondern eben nur ein Mann. Ein grober Klotz ohne Einfühlungsvermögen, dafür mit einem zarten Pflänzchen eines Selbstbewusstseins ausgestattet – ständiges Gießen und Düngen wird schwer erbeten. Und so will Isabelle, aus verständlichen Gründen, nur weg, schafft aber den Absprung nicht. Bleibt im Bett liegen und schaut der Sonne hinterher. Ist sie zu passiv? Zu gutmütig? Oder einfach zu einsam?

Viele Wege führen in die Enttäuschung
Immer wieder wird sie während der gut anderthalb Stunden Erfahrungen machen, auf die jeder verzichten könnte. Manche fangen vielversprechend an. Da sind nette Kerle dabei, sensible, spannende. Aber keiner, der wirklich passt. Die meisten werden zu sehr mit sich selbst beschäftigt sein oder andere Macken mit sich herumtragen. Eine durchgehende Geschichte erzählt Meine schöne innere Sonne dabei nicht. Stattdessen springt der Film von Episode zu Episode, zeigt die zahlreichen Annäherungsversuche von Isabelle, die am Ende doch in Enttäuschung und Tränen enden.

Die darf man auch als Zuschauer vergießen, wobei manchmal nicht ganz klar wird: Geschieht das gerade aus Trauer oder weil das irgendwo alles dann doch auch wahnsinnig komisch ist? Humor ist, wenn man trotzdem lacht, Denis macht aus dem ständigen Scheitern eine oftmals überraschend leichtfüßige Komödie. Eben weil hier vieles mindestens kurios ist, oft gar lächerlich. Meine schöne innere Sonne, das ist eine ironische Demontage männlicher Eitelkeiten und weiblicher Unterwürfigkeit. Das hätte aufgrund des mangelnden Lerneffekts der Hauptfigur schnell langweilig oder gar nervig werden können. Der Film ist weder das eine, noch das andere. Unterhaltsam wie es zuletzt nur selten amouröse Werke waren, stolpern wir mit Isabelle durch ein Unglück nach dem anderen, überspitzt genug, dass es komisch ist, authentisch genug, damit wir mitfühlen können. Und in der Mitte: Juliette Binoche (Die Wolken von Sils Maria, Ghost in the Shell). Ihr gelingt das Kunststück, die Rolle mit so viel Leben zu füllen, so viel Wärme, dass sie selbst dann noch alles erstrahlt, wenn mal wieder testosterongeschwängertes Regenwetter angesagt ist.



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Eine Frau wünscht sich nichts als Liebe, findet aber nichts als Enttäuschung. Irgendwo zwischen authentischem Unglück und überspitzter Komik erzählt „Meine schöne innere Sonne“ so eine Geschichte, die jeder irgendwie kennt, auf die jeder aber verzichten könnte. Für den Film gilt das nicht: Die Liebeskomödie ist eine der besten der letzten Jahre, unterhält trotz fehlendem roten Fadens vom Anfang bis zum Ende und gibt Juliette Binoche die Möglichkeit, mal wieder so richtig zu strahlen.
8
von 10