Wie viele Bücher es genau waren, kann keiner so genau sagen. Konservative Schätzungen sprechen von über 300 Millionen verkauften Exemplaren, andere gar von 400 Millionen. So oder so ist klar: Stephen King ist einer der erfolgreichsten Autoren unserer Zeit, in der ewigen Hitliste hat er es sich irgendwo in den Top 20 gemütlich gemacht. Selbstverständlich ist das nicht oder war es zumindest nicht, als er in den 60ern mit dem Schreiben begann. Horror? Das war jetzt eher weniger für die Massen geeignet. Natürlich hatte es schon vorher erfolgreiche Schriftsteller gegeben, die sich einen Namen gemacht haben. H.P. Lovecraft zum Beispiel, dessen Werke ihn erst zum Schreiben animiert haben sollen. Bram Stokers „Dracula“ sowie „Frankenstein“ von Mary Shelley waren damals schon Klassiker. Aber das waren Einzelerscheinungen. King jedoch, so eine weitläufige Meinung, machte Horror erst zu einem Massenphänomen.
The King of Horror, the Horror of King
Heute vor 70 Jahren am 21. September 1947 in Portland, Maine geboren, war King schon als Schüler ein begeisterter Schreiber gewesen. Eine wirkliche Alternative kam für ihn auch nie in Frage, weder die Tätigkeit an sich, noch sein Themengebiet. Sein Romandebüt „Carrie“ (1973) erzählte die Geschichte einer jungen Frau, die telekinetische Kräfte nutzte, um sich an ihren Peinigern zu rächen. Das endete böse, so wie viele seiner Werke. Auch wenn er vereinzelt Sachbücher schrieb, es sind die über 50 Romane aus den Bereichen Horror, Fantasy, Thriller und Science-Fiction, die sein Gesamtwerk ausmachen. Die auch ihn ausmachen. Dabei ließ er es sich jedoch nicht nehmen, andere Elemente einfließen zu lassen. Besonders ausgeprägt sind die Coming-of-Age-Züge. Einige seiner berühmtesten Geschichten erzählen vom Aufwachsen und Erwachsenwerden, spielen oft auch in Kings Heimat. Und noch etwas findet sich erstaunlich oft: Schriftsteller als Figuren.
Die Grenzen zwischen Realität und Fantasie
„Shining“ (1977), sein dritter Roman, handelt von einem alkoholkranken Autor in Colorado. Jenem Ort, wo er damals selbst lebte. An anderen Stellen ließ er endgültig die Grenzen zwischen Fantasie und Realität verschwimmen, wenn er in „Wolfsmond“ (2003) selbst einen Auftritt hatte. Dabei handelte es sich um den fünften Band der Reihe „Der dunkle Turm“, welche 1982 mit „Schwarz“ begann und mit dem achten Buch „Wind“ (2012) seinen vorläufig letzten Band erhielt. King selbst bezeichnete den Zyklus als sein wichtigstes und bestes Werk. Aber es sollte lange dauern, bis auch das breitere Publikum davon Wind bekam. Der erste Band hatte eine Startauflage von gerade mal 10.000 Exemplaren. Zum Vergleich: „Christine“ (1983) wurden 250.000 Exemplare spendiert. Doch trotz der geringen Verbreitung, King sollte immer wieder hierher zurückkehren und die Geschichte um den einsamen Revolverhelden weiterspinnen. Am Ende war das Werk so umfangreich, dass es trotz seines Kultstatus nicht mehr für eine Filmadaption geeignet war. Erst 2017, 35 Jahre nach dem ersten Band, entstand mit Der Dunkle Turm eine Kinofassung. Eine, die jedoch nur marginal etwas mit der Vorlage zu tun hatte.
Aber das waren Fans des Schriftstellers von den zahlreichen Adaptionen ja gewohnt. Shining (1980), der zweite King-Kinofilm nach Carrie (1976), ist bis heute eine der berühmtesten, aber auch umstrittensten Verfilmungen. Stanley Kubrick reduzierte die übernatürlichen Elemente der Vorlage auf ein Minimum und erzählte lieber die Geschichte einer auseinanderbrechenden, zunehmend wahnsinnigen Familie. Einige der ikonischsten Momente der Horrorgeschichte gehen auf diesen Film zurück, der dennoch gerade bei Horrorfans oft sehr gemischte Gefühle auslöst. Spätere Filme sollten sich noch stärker von den literarischen Vorlagen lösen. Der Rasenmähermann (1992) hatte so wenig mit seinem Buch zu tun, dass King selbst klagte, sein Name möge von dem Filmtitel gestrichen werden. Und dann gab es noch diverse Filmfortsetzungen, meist sehr billig und ohne Kings Einfluss produziert, die mit den bekannten Titeln Schindluder trieben.
Fantastische Filme, in mehrfacher Hinsicht
„Gibt es überhaupt gute Verfilmungen von Stephen King?“, wird deshalb auch immer wieder gefragt. Das ist einerseits verständlich, bei den fast 70 Kinofilmen und zahlreichen TV-Versionen war so viel Schrott dabei, dass der Autor gern als Synonym für Horrorschund verwendet wurde. Perlen gab es aber immer wieder. Vor allem zwei Regisseure haben sich darum verdient gemacht, einen King-Film als künstlerisch wertvolles Werk zu etablieren. Da wäre Rob Reiner. Sein Stand By Me (1986) verzichtete auf den üblichen Horror und erzählte stattdessen die mitreißende Geschichte einer Jugendclique. Deutlich heftiger ging es in seinem Thriller Misery (1990) zur Sache: Kathy Bates erhielt für ihre Darstellung als fanatischer Fan eine Autors, die kein Halten mehr kennt, einen Oscar als beste Hauptdarstellerin.
Zwei spätere Filme waren sogar für einen Oscar als bester Film im Rennen. Die Verurteilten (1994) handelt von der Freundschaft zweier Häftlinge und ist auf imdb der Film mit der höchsten User-Wertung aller Zeitung. Und auch das hoch gelobte The Green Mile (1999) wird von Freundschaften in Gefängnissen erzählen. Gemeinsam ist beiden zudem Regisseur Frank Darabont, der selbst als Horrorautor begann und 2007 mit Der Nebel ein drittes Mal eine King-Geschichte verfilmte. Im selben Jahr erschien auch Zimmer 1408, der von einem unheimlichen Hotelzimmer berichtete und lange Zeit der erfolgreichste Stephen-King-Film war. Bis 2017 ein alter Bekannter vorbeischaute und die Zuschauer das Fürchten lehrte. Und die Kinokassen das Klingeln.
Die Zukunft hat erst begonnen
Schon 1990 war der blutrünstige Clown Pennywise in Es in Erscheinung getreten. Die Mini-Serie genießt heute zwar einen gewissen Kultstatus, vor allem Tim Currys Darstellung wegen. Aber es ist die Neuverfilmung des 1986er Romans, welche alle Rekorde brach. In den USA startete er stärker als jeder September-Release zuvor. Nach nur zwei Wochen ist er bereits unter den fünf erfolgreichsten Horrorfilmen aller Zeiten. Selbst die Krone als erfolgreichster Film mit einem Erwachsenen-Rating könnte an den Mörderclown rüberwandern. Und auch dessen Schöpfer kann sich über mangelnde filmische Zuwendung kaum beklagen: Zwei Kinofilme, diverse Direct-to-DVD-Veröffentlichungen, eine Fernsehserie, eine Netflix-Produktion haben wir in den letzten Monaten sehen dürfen, weitere Adaptionen sind bereits angekündigt. Da kann einem schon etwas angst und bange werden, was uns noch alles bevorsteht. Aber ein bisschen Angst hat ja noch nie geschadet. Sagt King. Und der muss es ja wissen.
Filme von und über Stephen King
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