(OT: „Zhàn láng II“, Regie: Jing Wu, China, 2017)
Wenn es um seine Freunde und Kameraden geht, da versteht Leng Feng (Jing Wu) keinen Spaß. Und so konnte er auch nicht tatenlos zusehen, als die Familie eines verstorbenen Kameraden drangsaliert und verspottet wurde. Das brachte ihm zwar Respekt der Anwesenden ein. Dennoch sah man es beim chinesischen Militär ungern, wenn einer der ihren Alleingänge wagt. Aus dem Dienst entlassen versucht Leng daher, sich in Afrika ein neues Leben aufzubauen. Das geht eine Weile gut, bis er in einen brutalen Bürgerkrieg hineingezogen wird. Einfach nur zuschauen? Das kommt für das frühere Mitglied der Eliteeinheit Wolf Warriors auch hier nicht in Frage. Und so beschließt er, ohne das Mandat seines Militärs die Sache in die Hand zu nehmen und sich der Söldnertruppe um Big Daddy (Frank Grillo) in den Weg zu stellen.
Es war schon ein verfrühtes Weihnachtgeschenk, das die Freunde der asiatischen, speziell chinesischen Filmkunst letzte Woche erhielten: In Zukunft sollen monatlich Filme aus China im Rahmen eines speziellen Events im Kino gezeigt werden. Bundesweit! Und es wurde auch Zeit. Während das Reich der Mitte ein immer wichtigerer Filmmarkt wird, man drauf und dran ist, Hollywood zu überholen, bekommt man hierzulande kaum etwas davon mit. Auf DVD erscheint so gut wie nichts. Noch schlechter sieht es im Kino aus: Außerhalb von Filmfesten gibt es nahezu keine Chance, die fernöstlichen Produktionen mal auf einer großen Leinwand zu genießen.
Der chinesische Rekordhalter auf deutschen Leinwänden
Als Auftakt wählte man dann auch noch einen richtigen Kracher, zumindest in wirtschaftlicher Hinsicht. Rund 800 Millionen Dollar spielte Wolf Warrior 2 bislang ein. Zum Vergleich: Der bisherige Rekordhalter The Mermaid schaffte nur rund 500 Millionen Dollar und war damit schon eine Sensation geworden. 800 Millionen Dollar, das entspricht ungefähr den Einspielergebnissen von US-Blockbustern wie Wonder Woman oder Spider-Man: Homecoming – mit dem Unterschied, dass die enorme Summe fast ausschließlich in China eingenommen wurde.
Die Wahrscheinlichkeit, dass der Übererfolg international fortgeführt wird, ist jedoch eher gering. Schon Wolf Warrior war als Nicht-Chinese nur schwer erträglich. Wolf Warrior 2 hat sich im Vergleich gesteigert, deutlich sogar, bleibt aber doch ein in erster Linie für den heimischen Markt produziertes Werk. Das liegt weniger am Genre. Actionfilme mit viel Gewalt und Bombenexplosionen haben im Westen eine lange Tradition. Dieses Mal sind die Actionszenen sogar insgesamt sehr ansehnlich geworden. Die Computereffekte sind immer noch relativ schwach, wenngleich uns ein ähnlich fürchterlicher Anblick wie die Wolfszene im Vorgänger erspart bleibt. Der Rest ist dafür sichtlich professioneller und moderner geworden. Schön ist zudem, dass der martial-arts-erfahrene Jing Wu, der ebenfalls wieder Regie führte, seinen Körper stärker einsetzt, anstatt sich „nur“ auf Schusswaffen zu verlassen. Vor allem die physischen Kämpfe zu Beginn und zum Schluss machen Laune, stehen Filmen aus dem Westen nicht wirklich nach.
Auf die inneren Werte kommt es (nicht) an
Inhaltlich ist Wolf Warrior 2 dafür erneut eine schwache Angelegenheit. Da wären zum einen die Charaktere, die diese Bezeichnung kaum verdienen. Leng selbst ist ein glattgebügelter Superheld ohne jeglichen Makel, der allen moralisch überlegen ist, es alleine mit einer Heerschar von Gegnern aufnimmt und bei Bedarf auch alle unter den Tisch säuft. Vergleichbare Abziehbilder sind im Actiongenre natürlich keine Seltenheit. In dieser geballten Form sieht man das heutzutage jedoch nur noch selten, der Film wirkt hier wie ein Anachronismus aus den 80ern. Wobei es den anderen Figuren nicht besser geht. Die Bösen sind die Bösen, ohne jegliche Zwischentöne. Die afrikanischen Sidekicks sind nicht mehr als Comic Relief im Actiongetümmel. Ein bisschen besser ergeht es Celina Jade, die schon bei Wus Regiedebüt Legendary Assassin 2008 eine Hauptrolle spielte und als Dr. Rachel zumindest ein wenig Fachwissen und Eigenwillen beweisen darf. Im Zweifelsfall ist aber auch sie nur eine Damsel in Distress, das chinesische Kino zeigt sich hier von seiner chauvinistischen Seite.
Allein deshalb schon ist Wolf Warrior 2 nicht mehr als die Big-Budget-Variante eines No-Name-B-Movies. Ein sehr patriotischer noch dazu. Die ganz großen Pathosreden wie im Vorgänger werden nicht mehr geschwungen, wovon der Film als solches ungemein profitiert. Ganz davon lassen konnte Wu dann aber doch nicht, wenn nun China als einzige Rettung für ein nicht näher benanntes afrikanisches Land auftritt – der Westen hat sich längst aus dem Staub gemacht. Auch dass es wie schon im ersten Teil westliche, ziemlich unzivilisierte Söldner sind, an denen sich der chinesische Ehren-Superkämpfer abarbeitet, hinterlässt einen unangenehmen Nachgeschmack. Warum sie die Bösen sind, wird nicht verraten. Allgemein hält man sich hier nicht mit Details oder Erklärungen auf: Die Geschichte schwankt zwischen unsinnig und nichtssagend. Aber auch das ist im Bereich nichts Neues, Actionfans sind es gewohnt, dass der Inhalt nicht mehr als ein Mittel zum Zweck ist. Die können sich das Ganze dann auch ganz gut anschauen, sich an explosiven Auseinandersetzungen und dem einen oder anderen over-the-top-Moment erfreuen. Der Rest darf darauf bauen, dass die nächsten cineastischen Ausflüge ins Reich der Mitte etwas gehaltvoller werden. Die genauen Termine und Spielorte zu Wolf Warrior 2 findet ihr hier.
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