(OT: „Going to Brazil“, Regie: Patrick Mille, Frankreich, 2016)
Ein bisschen verhalten ist die Freude ja schon bei Agathe (Alison Wheeler), Chloé (Margot Bancilhon) und Lily (Philippine Stindel). Denn eigentlich sind die drei Pariser Freundinnen noch sauer auf Katia (Vanessa Guide), die damals sang und klanglos abgehauen ist und sie sitzen gelassen hat. Andererseits, eine Einladung nach Brasilien, wo die hochschwangere Freundin ihre Hochzeit feiert? Wer will dazu schon Nein sagen? Schön, es ist etwas doof, dass die zukünftige Braut sich verspätet und die drei den ersten Abend allein unterwegs sein müssen. Doch richtig schwierig wird es erst, als sie beim Feiern von einem Obermacho angemacht werden und Lily den Typen aus Versehen vom Balkon in den Tod stürzt. Vor allem, als sie kurze Zeit später feststellen, wen genau sie da auf dem Gewissen haben …
Feierwütige Amerikaner bzw. Europäer verschlägt es in ein exotisches Land, wo sie nicht nur mit kulturellen Unterschieden zu kämpfen haben, sondern auch noch in eine chaotische Situation nach der anderen geraten: Das ist ein Thema, das bei Filmemacher zuletzt hoch im Kurs stand. Vor allem bei französischen. In Pattaya machen sich zwei Freunde mit einem Zwerg im Gepäck auf in Richtung Thailand, bei Ab in den Dschungel endet ein Ausflug nach Brasilien in einem komischen Desaster. Auch der französisch-portugiesische Schauspieler und Gelegenheitsregisseur Patrick Mille hat sich für sein neuestes Werk das südamerikanische Land ausgesucht. Wo sonst lässt es sich ähnlich ausschweifend und fatal feiern?
Grell und laut
Dass es hier noch mal ein bisschen mehr zur Sache gehen wird als bei der Konkurrenz oben, war zu erwarten, schließlich lief Going to Brazil im Rahmen der Fantasy Filmfest Nights. Und dort geht es generell etwas blutiger zu. Ganz so bissig und schwarz wie erhofft, ist die französische Komödie dann aber doch nicht. Sie ist vielmehr grell und laut. Von Anfang an zetern die drei Damen herum, kriegen sich ständig in die Haare, pöbeln teilweise wildfremde Leute an. Das ist jedoch nicht lange unterhaltsam, relativ schnell sind die Protagonistinnen und der Film eher anstrengend denn bissig.
Lustig wird das Brasilienabenteuer immer dann, wenn es so richtig absurd werden darf. Da werden Klischees nicht nur aufs Korn genommen und bis zur Schmerzgrenze überreizt, auch geschmackliche Grenzen werden höchstens zufällig mal eingehalten. Vor allem Katias Schwiegervater in spe, der skrupellose Geschäftsmann Augusto (Chico Diaz), zeigt bei der Hochzeit, dass er auch gerne mal über Leichen geht. Es ist der Höhepunkt einer Komödie, die sich sichtlich darum bemüht, actionreich, turbulent und schwarz zu sein, das aber irgendwie nie so richtig schafft.
Laues Lüftchen am Zuckerhut
Der anfängliche Witz des tödlichen Partieausgangs reicht nicht für einen ganzen Film, selbst wenn er nur anderthalb Stunden lang ist. Und auch wenn später noch Roadmovie-Elemente hinzukommen, wenn die Damen auf der Flucht vor dem Gesetz und sonstigen Verbrechern quer durch den Dschungel fahren, hört sich das alles witziger an, als es ist. Das Waffenarsenal ist groß, die Bilder des exotischen und korrupten El Dorados durchaus schön anzusehen. Am Ende sind das Geballer und die Wortgefechte aber viel Lärm um nichts, Going to Brazil letztendlich nur ein durchschnittlicher Vertreter eines filmischen Trends.
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