(OT: „Handsome Devil“, Regie: John Butler, Irland, 2016)
Rugby? Nein, damit kann Ned (Fionn O’Shea) nur wenig anfangen. Und das ist eine Abneigung, die durchaus auf Gegenseitigkeit beruht: Die Mitglieder seines Schulteams lassen keine Gelegenheit aus, den rothaarigen Jungen zu drangsalieren. Dass er sich ausgerechnet mit dem neuen Vorzeigespieler Conor (Nicholas Galitzine) das Zimmer im Internat teilen muss, kann dann auch nur ein schlechter Scherz sein. Doch wider Erwarten ist der Neue sogar ganz nett. Beide teilen sie die Liebe zur Musik und wollen gemeinsam bei einem Talentwettbewerb teilnehmen. Und noch etwas haben sie gemeinsam: Beide sind schwul. Dass darf natürlich niemand wissen, schließlich ist das in dem homophoben Umfeld der Schule ein großes No-Go.
Der Druck der anderen, genauso zu sein wie sie, die Unsicherheit, wer man selbst ist, dazu die Unsicherheit, was man für andere empfindet: Ganz klar, das Leben als Jugendlicher kann schon ein ziemlicher Mist sein. Wer das schon wieder verdrängt hat oder sich in seinen traumatischen Erinnerungen bestätigt fühlen möchte, der braucht sich nur Handsome Devil anzuschauen. Denn hier dreht sich eigentlich alles um Bestätigung. Die Bestätigung der Ordnung, wer wie was zu sein hat. Die Bestätigung auch, dass Sport etwas für Männer ist, künstlerische Fächer etwas für den Rest. Also für die, die gefälligst am Seitenrand des Spielfelds zu stehen und brav zu klatschen haben.
Zaghaftes Heranschleichen an ein Tabuthema
Sport und Homosexualität, das ist natürlich ein heikles Thema. Der Inbegriff von Kraft und Männlichkeit, der Ort, wo Kerle noch Kerle sein dürfen, da ist kein Platz für sanftmütige Schwächlinge. Wie es Schwule nun mal sind. Ein Klischee? Natürlich. Aber ein hartnäckiges, selbst im Jahr 2017 gelten schwule Spitzensportler als Tabuthema. Dass sich der irische Regisseur und Drehbuchautor John Butler (The Bachelor Weekend) dieses Umfeld für seine Geschichte ausgesucht hat, das gibt ein paar Pluspunkte. Aus Sympathie. Auch Schwule können Athleten sein, darauf läuft es hinaus. Das ist etwas fürs Herz, vielleicht auch was fürs Ego für all die unsicheren Jugendlichen, die aufgrund homophober Idioten nicht den Mut für ein Coming-out finden.
Das ist schön und gut. Nur fehlt Handsome Devil leider selber dieser Mut, anders zu sein. Wo Butler in seinem Film dafür plädiert, eine eigene Stimme zu suchen, da versagt seine eigene. Die Sehnsucht nach Bewegung erstarrt in Klischees. So begrüßenswert es auch ist, wenn die Verbindung von Leistungssport und Homosexualität thematisiert wird, müssen deshalb die Sportler gleich wieder tumbe Neandertaler sein? Siehe Pascal O’Keeffe (Moe Dunford). Der ist Coach des Teams und als solche genau das, was man von ihm erwartet: kräftig, bärtig, simpel, gemein. Als Gegenstück darf Dan Sherry (Andrew Scott) antreten. Der unterrichtet Englisch, fördert das musikalische Talent und ist – wie soll es auch anders sein – selbst schwul.
Alles wie immer
Auch sonst macht der Film nicht sonderlich viel dafür, sich von den vielen Kollegen abzuheben, die sich mit dem schwierigen Thema Coming-out herumplagen – Geschichte, Figuren, Handlung sind streng nach LGBT-Vorschrift angefertigt. Am ehesten gelingt der Ausbruch aus den Konventionen noch durch ein paar visuelle Einfälle. Die Arbeit mit Splitscreens ist sicher auch nicht revolutionär, verhilft dem Ganzen aber zu ein bisschen mehr Leichtigkeit. Und dass Ned und Conor in ihrem Zimmer eine Mauer aus Gegenständen aufbauen, auch das ist ein netter Einfall. An Nettigkeit mangelt es Handsome Devil ja aber ohnehin nicht. Die beiden Jungs sind sympathisch, zum Ende gibt es die obligatorischen Glücksgefühle, wenn alle Krisen überwunden wurden. Aber so schön diese Form von Bestätigung auch manchmal ist, sie bleibt recht leer und beschränkt sich auf Worthülsen, die man in der Form dann doch schon viel zu oft gehört hat.
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