Operation Duval
© Temperclay

Operation Duval – Das Geheimprotokoll

(OT: „La Mécanique de l’ombre“, Regie: Thomas Kruithof, Frankreich/Belgien, 2016)

Operation Duval
„Operation Duval – Das Geheimprotokoll“ läuft ab 23. November 2017 im Kino

Endlich scheint es das Schicksal wieder gut zu meinen mit Duval (François Cluzet). Zwei Jahre war er nach seinem Burnout arbeitslos gewesen, musste erst einmal zu sich finden und auch sein Alkoholproblem in den Griff bekommen. Da bietet ihm ein Mann namens Clément (Denis Podalydès) einen Job an, bei einem Treffen der Anonymen Alkoholiker lernt er zudem Sara (Alba Rohrwacher) kennen. Die Freude über die Arbeit ist jedoch bald schon wieder vorbei, schließlich muss er beim Abtippen von abgehörten Gesprächen einige unangenehme Dinge erfahren. Sich einfach raushalten? Das geht nicht, dafür steckt er zu dem Zeitpunkt schon viel zu sehr in der Geschichte dran – was ihn auch für andere Leute interessant macht.

Es ist gar nicht so lange her, da war François Cluzet in Ziemlich beste Freunde zu sehen und setzte in punkto Einspielergebnisse neue Maßstäbe – nicht nur daheim. Über 9 Millionen Menschen sahen die Komödie, was sogar Fack ju Göhte alt aussehen ließ. Vom Rest der Kollegen ganz zu schweigen. Anders als sein Co-Star Omar Sy war der Franzose im Anschluss aber offensichtlich wenig daran interessiert, den neuen Ruhm durch besonders gefällige Filme zu mehren oder zumindest zu halten. Denn wenn man eines über Operation Duval sagen kann, dann das: Der Thriller interessiert sich einen Dreck für das Massenpublikum da draußen.

Der ganz normale Bürokratiewahnnsin
Zumindest anfangs könnte man hier dabei noch meinen, eine Komödie vor sich zu haben. Denn komisch ist es ja, was Duval da so erlebt. Nur ist man sich nicht ganz sicher, ob komisch hier als Synonym von witzig oder von seltsam gemeint ist. Wenn sich der Unternehmensberater jeden Tag an die alte Schreibmaschine setzte, pünktlich von 9 bis 18 Uhr, sich an anonyme und absurde Regeln halten muss, dann will man irgendwie schon lachen. Der ganz normale Bürokratiewahnsinn eben, der nicht einmal vor Geheimdiensten Halt macht. Unerlaubtes Rauchen am Arbeitsplatz? Das könnte das Ende der Welt bedeuten, selbst wenn niemand sonst dort ist.

Aber Thomas Kruithof, der hier Regie führte und das Drehbuch mitschrieb, nutzt diese kuriose Situation nicht allein zur Erheiterung. Er macht auch neugierig. Darauf, was das alles soll. Darauf, was wohl als nächstes passiert. Tatsächlich ist Operation Duval einer der spannendsten Thriller der letzten Zeit, obwohl er so gar nicht in diese Zeit passt. Vielleicht auch gerade deshalb. Actionszenen gibt es so gut wie keine. Wo andere sich großer Explosionen bedienen, um ein Gefühl von Dringlichkeit zu erzeugen, reicht es hier, einen Mann in eine nüchtern-schäbige Wohnung zu setzen und ihm einen Kopfhörer zu verpassen. Duval ist isoliert, von anderen Menschen, einer Außenwelt, und wird dadurch zu einem hilflosen Rädchen in einer bedrohlichen Maschine, von der lange unklar bleibt, was sie denn genau ist.

Schwerer Zugang
Darauf muss man sich einlassen können. Die Passivität. Die Stille. Die offenen Fragen, bei denen selbst das „was“ im Schatten bleibt – der Originaltitel lautet übersetzt Die Mechanik der Schatten. Die Schauplätze, in denen immer mehr die Farben verschwinden. Von denen man auch gar nicht immer sagen kann, ob es sie wirklich gibt. Sperrig ist das, auch Duval selbst ist nicht unbedingt der einladendste Charakter. Ein pflichtbewusster, braver und unscheinbarer Mann, der kaum zum Helden geboren ist, und dennoch einer sein muss. Auch das unterscheidet Operation Duval wohltuend von den Krachbummkollegen, in denen stahlharte Kerle immer alles können. Duval ist überfordert, so wie es die meisten von uns in der Situation wären. Er muss als normaler Mensch mit einer Situation fertig werden, die alles andere als normal ist. So undurchsichtig das Ränkespiel hinter den Kulissen teilweise ist, so unvorhersehbar bleibt dadurch, was hier am Ende passieren wird. Und auch das ist im Thrillerbereich nicht gerade eine Selbstverständlichkeit.



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Ein unbescholtener Mann gerät zwischen die Fronten und in die Fänge des Geheimdienstes. Das passiert in Filmen ja häufiger mal, „Operation Duval“ geht aber einen anderen Weg als die Konkurrenz. Deutlich ruhiger und sperriger ist der Spionagethriller, aber eben auch spannender. Denn die absurde Situation und der wenig heldenhafte Held lassen offen, worauf alles hinauslaufen wird.
8
von 10