(OT: „The Expanse – Season 1“, Regie:Terry McDonough/Jeff Woolnough/Rob Lieberman/Bill Johnson, USA, 2015)
Wir befinden uns mitten im 23. Jahrhundert, Ort des Geschehens ist unser komplettes Sonnensystem. Der Planet Erde wird von den Vereinten Nationen regiert. Der Mars hat sich als unabhängige Militärmacht abgesondert und die Ressourcen, die die wohlhabenden Planetarier benötigen, werden im Asteroidengürtel von sogenannten „Gürtlern“ herangeschafft, die nicht das Privileg besitzen, auf einem Planeten leben zu dürfen, sondern auf von Menschen erbauten Stationen. Ohne Sonnenlicht, ohne frische Luft, belastet von Schwerkraft und allem uns noch Unbekannten, was das Weltall zu bieten hat. Auf einer dieser Stationen, Ceres genannt, die von immer mehr Unruhen und Untergrundsorganisationen aufgewühlt wird, erhält der korrupte Detective Miller (Thomas Jane) den Auftrag, eine vermisste Erdbewohnerin zu finden, Julie Mao (Florence Faivre). Zur gleichen Zeit befindet sich der Eisfrachter Canterbury auf dem Weg zurück nach Ceres. An Bord erhält Besatzungsmitglied James Holden (Steven Strait) ein Notsignal des Schiffes Scopuli und macht sich mit einer kleinen Crew auf den Weg, diesem nachzugehen. Vor Ort finden sie ein leeres Schiff mit gezielt platziertem Transmitter – eine Falle, die böse Folgen mit sich zieht. Die Frage nach dem „wieso“ und vor allem „wer“ versucht, im Weltall einen Krieg anzuzetteln, nähert sich Folge für Folge an die verzweifelte Suche Millers nach Julie Mao an. Inwiefern hängt das eine mit dem anderen zusammen?
In der neuen Welt zurechtfinden
Der Zuschauer wird in eine futuristische Weltanordnung geworfen und muss sich in den ersten Folgen erst einmal versuchen, zurecht zu finden. Zu Beginn werden die Gegebenheiten kurz erklärt, den Rest erledigt die visuelle Abfolge der Geschichte, und zwar außerordentlich gut. Ein paar Folgen braucht es, um sich in diese neue 2-Klassen-Gesellschaft reinzuversetzen, aber dann sitzt man mitten drin in diesem Boot – die Arbeiterklasse, die Gürtler, leben also zwischen den Planeten … auf erbauten Stationen, keine Natur, nur künstliches Licht … ein beklemmendes Gefühl macht sich bei der Vorstellung breit. Die Planetarier dürfen auf wunderschönen Planeten leben, atmen frische Luft und blicken auf grüne Wälder, die nötigen Rohstoffe werden von den Gürtlern aus dem All beschafft; das sind also zukünftig die Menschen erster Klasse. Und da fängt es an! Das Parallelenziehen zur heutigen Situation mit Blick auf die Zukunft unseres Planeten und der Weltpolitik. An genau diesem Punkt hat The Expanse den Punkt der Großartigkeit erreicht. Eine Sci-Fi Serie, die absolut vorstellbar ist. Sie kurbelt die Fantasie des Zuschauers an und bindet ihn bis zur letzten Folge fest an sich!
Drei Haupterzählstränge
Die Story um Detective Miller auf der Ceres Station bildet den ersten Erzählstrang. Die Suche nach Julie Mao unterbreitet sich als Lebensaufgabe für den verlotterten Gürtler-Cop. Die Situation auf Ceres verschlimmert sich unterdessen. Eine Gruppe Aufständiger, die O.P.A. (Outer Planets Alliance) genannt, die für die Rechte der Gürtler und gegen deren Ausbeutung kämpft, findet immer mehr Anhänger im Asteroidengürtel. Julie Mao, die Tochter eines reichen Erdbewohners, soll sich ebenso der O.P.A. angeschlossen haben. Nach und nach deckt Miller mit mehr oder weniger fragwürdigen Methoden das mysteriöse Verschwinden der jungen Frau auf. Währenddessen erfährt die hochrangige U.N. – Beamtin Chrisjen Avasarala (Shohreh Aghdashloo) ebenfalls von den Aufständen und befürchtet eine Allianz zwischen Mars und O.P.A., als mehrere Raumschiffe von Unbekannten abgeschossen werden. Die Story um James Holden und seine Crew bildet den dritten und wichtigsten Erzählstrang. Die Entdeckung unbekannter Kriegsschiffe, die mit modernster Tarntechnik ausgestattet sind und ohne zu Zögern zwei andere Schiffe zerstören, versetzt die Crew in große Angst. Sie befinden sich nun zwischen Flucht vor und Kampf gegen das Unbekannte und stehen kurz vor einer Entdeckung, die alles verändern wird.
Miller steht zwischen den Stühlen als Gürtler, der für eine Erd-Organisation und damit auch gegen die O.P.A. arbeitet. Während seiner Suche entsteht eine enge Verbindung zwischen ihm und Julie Mao, obwohl sich beide nie begegnet sind. Er identifiziert sich mit ihr und gibt nicht auf, sie zu finden. Avasarala verkörpert gleichzeitig die liebende Mutter sowie die unerbitterliche Kriegerin, die ihr Zuhause mit allen Mitteln verteidigt. Holden ist der sympathische Captain mit terranischen Wurzeln, gutem Herz und eisernem Willen. Drei Hauptcharaktere, die völlig unabhängig voneinander agieren, kämpfen für genau das selbe Ziel.
Detailreiche Inszenierung trifft auf zum Teil durchschnittliche Darstellerleistung
Was dem Zuschauer einen riesen Spaß bereitet, ist die Liebe zum Detail, sowohl auf Ceres, als auch auf der Erde und in den Raumschiffen selbst. Die futuristischen Smartphones und Tablets, die trickreiche Umgehung der ständigen Schwerelosigkeit mit sogenannten Magnetstiefeln und die Antwort auf die Frage, wie man sich Sex in schwerelosem Raum vorstellen soll, setzen der Serie das Sahnehäubchen auf. Die Situation auf Ceres, der Dreck, die Armut, die Krankheiten, kommt zu 100 % genau so bedrückend rüber, wie es sein soll. Das genaue Gegenteil, die Erde, ist so wunderbar hell und schön dargestellt, was dem Zuschauer erst bewusst macht, auf welchem Schatz wir gerade wirklich leben.
Die schauspielerische Leistung ist gut bis durchschnittlich. James Holden erinnert sofort an einen jungen Billy Bob Thornton und spielt ab und an etwas übermotiviert. Den direkten Draht findet man zu ihm als Hauptdarsteller nicht, da fehlt noch eine Facette, die ihn authentisch macht. Ebenso kategorisiere ich seine Crew-Mitglieder, die technisch super begabte Frau neben dem typisch knallharten Gorilla, einem eher zart besaiteten Sanitäter und dem nichts sagenden undurchsichtigen Piloten. Alle spielen ihre Rolle gut aber manchmal etwas holprig. Miller und Avasarala hingegen haben überzeugt – man kann sich bei beiden nicht richtig entscheiden, ob man sie mag oder nicht, wie eine Hassliebe, die auch so gewollt ist. Sehr schön war die anfängliche Verwirrtheit, die bis zum Schluss aufrecht erhalten wird, um dann am Ende in ein „ahhhh, jetzt hab ich’s“ gespickt mit „wie geht’s wohl weiter“ mündet.
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