(OT: „Amateurs in Space“, Regie: Max Kestner, Dänemark, 2017)
Ist das nun ein besonders gutes oder ein besonders schlechtes Timing? Selbst wer nicht allzu aufmerksam die Nachrichten verfolgt, wird über die Geschichte gestoßen sein: Ein dänischer U-Boot-Bauer steht in dem Verdacht, eine schwedische Journalistin getötet und in Stücke geschnitten zu haben. Während die Welt noch darauf wartet – oder sich davor fürchtet –, dass noch weitere grausige Details geborgen werden, kommt nun Amateurs in Space in die Kinos. Und einer der Protagonisten ist niemand anderes als besagter U-Boot-Bauer Peter Madsen. In dem zuvor gedrehten Dokumentarfilm wird jedoch nicht über diesen bizarren Kriminalfall gesprochen. Auch U-Boote spielen keine Rolle. Stattdessen wird hier erzählt, wie Madsen und Kristian von Bengtson gemeinsam versuchten, privat eine bemannte Rakete zu bauen.
Hoch hinaus wollte Peter schon als Kind. Sein Vater, so erzählt er hier, war seinerzeit besorgt, der Junge könne den Motor des Familienautos ausbauen, um damit ein Flugzeug bauen zu wollen. Im Film selbst ist der 1971 geborene Madsen schon im gestandenen Alter, die kindliche Begeisterung für alles Fliegende, die ist ihm geblieben. Amateurs in Space folgt dann den durchaus ambitionierten Versuchen der zwei, abseits staatlicher Organisationen den Himmel zu erkunden. Allzu sehr ins Detail geht Regisseur Max Kestner dabei nicht, glücklicherweise. Schon die vergleichsweise seltenen Szenen, in denen es wissenschaftlich zugeht, sind für Laien kaum verständlich.
Wenn aus einem gemeinsamen Wunsch mehrere werden
Stärker interessiert sich der dänische Filmemacher mehr für die menschliche Komponente. So sehr Madsen und von Bengtson der Wunsch der Rakete eint, so unterschiedlich sind sie in ihrer Persönlichkeit. Letzterer hat eine Familie, um die er sich kümmern muss, hat allein deshalb schon ein Gegengewicht, welches ihn vom Abheben abhält. Bei Madsen fehlt dieses. Je größer das Unternehmen wird, je mehr Menschen mitmischen (müssen), um das Projekt voranzutreiben, umso stärker gleitet es Madsen aus der Hand. Zu sehr hat er sich bereits in seine Ideen verrannt, um Kompromisse eingehen zu können.
Während die erste Hälfte des Beitrags von den 59. Nordischen Filmtagen Lübeck von der unschuldigen Leidenschaft und dem herzlichen Amateurgedanken geprägt ist, ist die zweite deutlich finsterer. Gegenseitige Anschuldigungen prägen da die Geschichte, Eifersucht und Unsicherheit. Immer wieder blendet Kestner an der Stelle alte E-Mails ein, die von dem sich weiter zerrüttenden Verhältnis der beiden Männer zeugen. Es braucht nicht einmal die aktuelle Situation von Peter Madsen, um hier ein etwas mulmiges Gefühl zu bekommen.
Offene Fragen mit unheimlichem Ausgang
Ob dieses gerechtfertigt ist oder nicht, das lässt Amateurs in Space offen. Ebenso, ob die Gehirnerschütterung von Madsen, die dieser im Laufe des Projekts während eines unglücklichen Unfalls erleidet, Auswirkungen hatte. Was bleibt, ist eine etwas seltsame Dokumentation, in der Aufbruchsstimmung und Scheitern eng beieinander liegen. Vielleicht hätte es diesen Film, der ohne Ergebnis bleibt, nicht gebraucht. Vielleicht hätte es auch den Versuch des privaten Raketenbaus nicht gebraucht. Aber als kleines Lehrstück zum Verhältnis von Wunschtraum und harscher Realität ist das schon ganz interessant. Eine Demonstration, dass auch die größten Ideen letztendlich an denen scheitern können, welche diese Ideen haben.
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