Cinderella 1950
© Disney

Cinderella (1950)

(OT: „Cinderella“, Regie: Clyde Geronimi/Hamilton Luske/Wilfred Jackson, USA, 1950)

Ein glückliches Leben sieht anders aus: Zwar darf die Waise Cinderella bei ihrer Stiefmutter und deren Töchter Anastasia und Drizella wohnen, zur Familie gehört sie aber nicht. Stattdessen nutzen die drei jede sich bietende Gelegenheit, um das Mädchen zu schikanieren und verhöhnen. Als eines Tages der Prinz einen großen Ball veranstaltet und jedes Mädchen im heiratsfähigen Alter einlädt, scheint endlich Cinderellas Stunde gekommen zu sein. Doch nicht einmal diese Chance soll ihr vergönnt sein, ihre Stieffamilie tut alles dafür, damit sie nicht auf den Ball kann. Dabei haben sie die Rechnung jedoch ohne eine gute Fee gemacht, welche der Unglücklichen zur Hilfe eilt.

Heute gilt Cinderella als ein unverwüstlicher Geldbringer. Zwei Fortsetzungen hat es in den 00er Jahren gegeben, 2015 folgt die Realfilmvariante von Kenneth Branagh, als Teil der Disney-Prinzessinnen-Reihe ist die Märchenwaise gefragt wie eh und je. Dessen konnte man sich seinerseits aber alles andere als sicher sein. Nachdem der erste abendfüllende Zeichentrickilm von Disney, Schneewittchen und die sieben Zwerge, zu einem Riesenerfolg wurde, floppten die anschließenden Spielfilme – nicht zuletzt aufgrund des Zweiten Weltkriegs, der den europäischen Absatzmarkt verwüstete. Aber auch als der vorbei war, hieß es kleine Brötchen backen, das Studio produzierte lediglich billige Episodenfilme wie Make Mine Music; um die Kasse aufzubessern.

Zurück in die Vergangenheit
Doch dann hieß es in den 1950ern doch wieder back to the roots, und das gleich in mehrfacher Hinsicht. Nicht nur, dass Disney eben doch wieder Langfilme drehte, sie orientierten sich beim Comeback-Versuch wieder stark an ihrem Erstling. Erneut wurde ein Märchen verfilmt. Erneut ging es um eine schöne junge Frau, die unter einer bösen Stiefmutter zu leiden hat. Erneut durfte sie am Ende triumphieren und in den Armen ihres Prinzen landen. Das darf man wunderbar romantisch finden, zumal der Film wieder von einer dramatischen Musik begleitet wird. Oder eben auch langweilig.

Umso mehr, da Cinderella – in Deutschland eigentlich als Aschenputtel bekannt – eine sehr langweilige Figur ist. Von den heutigen feministischen Zügen der Disney-Heldinnen war man damals noch weit entfernt. 1950 reicht es gerade mal für eine Damsel in Distress. Erst wird sie von Mäusen gerettet, danach von einer Fee, später von besagtem Prinzen. Dass sie die Misshandlungen der anderen ungefragt annimmt, versteht sich von selbst, schließlich handelt es sich um einen durch und durch guten, sprich fügsamen Menschen.

Nebenfiguren um jeden Preis!
Vielleicht traute Disney deshalb dem Stoff auch nicht so ganz. Zumindest nicht genug, um allein damit einen ganzen Film füllen zu wollen. Und so mussten es die tierischen Sidekicks wieder richten. Diesen Trick wendet der Mäusekonzern ja bis in die Neuzeit gerne an, kaum ein Film, der nicht ein paar komische und verkaufsträchtige Nebenfiguren einfügt. Bei Cinderella sind es eben die Mäuse, die sich unter Einsatz ihres Lebens für das Mädchen aufopfern, wenn sie nicht gerade damit beschäftigt sind, Kater Luzifer aus dem Weg zu gehen. Wer zuvor nur das Märchen kannte und hier hereinschaut, der wähnt sich dann auch erstmal im falschen Film: Rund 20 Minuten dauert es, bis die eigentliche Geschichte beginnt. Und das ist eine Menge bei einem 70-minütigen Film.

Nett ist es ja schon, wie die Mäuse Jacques und Karli sich kleine Gefechte mit dem großen Feind liefern. Guter alter altmodischer Slapstick, wie man ihn auch aus den kurzen Cartoons so kannte, dem dabei aber die Persönlichkeit früherer Disney-Filme fehlt. Mit Cinderella hat das ohnehin nur wenig zu tun, der Film besteht eigentlich aus zwei Filmen, die unabhängig voneinander laufen. Das ist nicht ganz ohne Charme, eine Erinnerung an die vergangene Welt der Märchen. Bei den zahlreichen Prinzessinnen-Filmen aus dem Mäuseimperium ist das hier jedoch nur zweite Wahl. Immerhin visuell gefällt Cinderella noch immer. Man arbeitete seinerzeit ausgiebig mit realen Schauspielern, um sich an deren Bewegungsabläufen zu orientieren. Die Animationen sind dann auch erstklassig, fast schon unheimlich realistisch. Für die Designs der Figuren gilt das aber nur zum Teil, da trifft Realismus auf Karikatur. Was nicht passt, passt halt nicht. Doch obwohl der Film hier wie eben auch an den anderen Stellen nicht aus einem Guss war, so verdanken wir ihm doch das Überleben der Disney-Animationssparte und die beiden darauffolgenden, deutlich sehenswerten Filme Alice im Wunderland und Peter Pan. Und dafür verzeiht man so einiges.



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Zurück zu den Wurzeln hieß es bei Disney zweiter großen Märchenverfilmung. Im Vergleich zu „Schneewittchen und die sieben Zwerge“ ist die Geschichte um Aschenputtel jedoch deutlich schwächer. Die Figuren sind langweilig, es gibt ausgedehnten und überflüssigen Slapstick, lediglich die beeindruckenden Animationen bewahren den unzusammenhängenden Film vor Schlimmeren.
6
von 10