(OT: „A Family Man“, Regie: Mark Williams, USA, 2016)
Persönliche Stärken erkennen und Schwächen beschönigen – Hauptsache dem Kunden schmeckt’s. Täglich schmieren Headhunter den Personalern großer Firmen Honig um den Mund, während sie den bangenden Arbeitsplatzanwärtern falsche Hoffnungen machen. Ein Job ohne Skrupel, aber großem Gehaltscheck am Ende des Monats. Dane Jensen (Gerard Butler) gehört zu den Besten. Seine Rivalin Lynn Vogel (Alison Brie) ist die letzte Hürde zwischen ihm und der ersehnten Beförderung, die sein Chef Ed Blackridge (Willem Dafoe) nach dem alten Prinzip verteilt: Wer ihm bis Ende des Jahres das meiste Geld einbringt – gewinnt. Ganz zum Leid von Danes Familie, die ihren Papa und Ehemann ohnehin nur mit Handy am Ohr kennen. Bevor ihm seine Frau Elise (Gretchen Mol) ein Ultimatum stellen kann, wird ihr ältester Sohn mit Krebs diagnostiziert. Der Arbeitsjunkie und bisherige Gelegenheitsvater muss sein Leben komplett umkrempeln, aber ist es dafür bereits zu spät?
Als Producer zieht Mark Williams (The Accountant) seit Jahren im Hintergrund die Fäden. Zeit, selber hinter die Kamera zu treten und seiner kreativen Seite das nötige Sprachrohr zu bieten. Ein Drama soll es sein, das zunächst recht unscheinbar daherkommt. Ein arbeitswütiger Familienvater, der sich mit nichts zufrieden geben kann. Er will mehr! Auf der Arbeit wettert der Chef, zu Hause die Frau. Für seine Kinder ist er zwar der Held, aber nie da. Es folgt die Schreckensnachricht, die langsame Realisation der Lage und der bestehende Druck im Büro. Die Beförderung ist in greifbarer Nähe, während sein Sohn die ersten Chemotherapien über sich ergehen lässt. Jeder Tag könnte der letzte sein, weshalb jede Sekunde zählt. Ein klassisches Drama über den persönlichen Wandel in Zeiten der Not – mit Gerard Butler (Geostorm) in der Hauptrolle.
Der Mann für’s Grobe
Der Womanizer und Sprücheklopfer blieb dem Gefühlskino seit P.S. Ich liebe dich (2007) vorenthalten. Jetzt versucht er sich erneut und bleibt sich treu. Als selbstbewusster Headhunter ist er ein absolutes Verkaufstalent, das selbst Eskimos Kühlschränke andrehen könnte. Kaum nimmt das Schicksal seinen Lauf, wirkt er allerdings hölzern. Das passt wiederum zum pragmatischen Dane, der nicht so recht weiß, wie er zu reagieren hat. Genau deshalb vergräbt er sich in seiner Arbeit, bis er der Wahrheit nicht länger aus dem Weg gehen kann. Um seinen angeschlagenen Sohn von der tödlichen Krankheit abzulenken, klappert er nach einander dessen Liste architektonischer Lieblingsgebäude ab. Die Vater-Sohn-Beziehung entwickelt sich, wäre da nicht Danes Ego, das ihm die Niederlage gegen Lynn verbietet. Seine alten Gewohnheiten kehren zurück, dann ein Anruf aus dem Krankenhaus.
Hauptsache anders
Die bewährte Filmrezeptur aus Tragödie und Happy End erfährt eine Generalüberholung. Der Tränendrüsenfabrik wird bis auf wenige Stellen ein Riegel vorgeschoben. Die schnelle Achterbahnfahrt der Gefühle weicht einer gemächlichen Bootsfahrt auf dem Erzählfluss. Eine Transformation zum fürsorglichen Superdad bleibt aus und der sterbenskranke Junge ist Nebensache. Viel wichtiger scheint Danes Job zu sein, welches er mehr als deutlich macht. Obendrein gibt es immer wieder Telefongespräche mit dem arbeitslosen Lou, der arbeiten will, in Danes Prioritätenliste jedoch zur Karteileiche verkommt. Künstliche Nebenschauplätze wie dieser stellen beinahe zusammenhanglos die Weichen für das Ende des Films, welches der tristen Thematik, sehr vorhersehbar, eine geballte Ladung Positivität entgegen wirft.
Ungewöhnlich gewöhnlich
So wirklich sympathisch ist einem das Familienoberhaupt nur selten. Der sich zudem immer wieder in den Mittelpunkt des Geschehens drängt und an seinem betrieblichen Schwanzvergleich mit der Konkurrentin übt. Ein scheinbar herzloser Willem Dafoe (Mord im Orient-Express) mimt derweil den herzlosen Chef, eine sonst so unschuldige Alison Brie (Glow) das kalkulierte Bürobiest. Der schauspielerische Kontrast ist ein treibender Faktor, der die sonst so träge Handlung aufzulockern versucht – ohne Erfolg. Das eigentliche Drama kann vereinzelnd schöne Akzente setzen, ist in seiner Gesamtheit aber zu zäh und farblos.
(Anzeige)