(OT: „Snezhnaya koroleva 2: Perezamorozka“, Regie: Aleksey Tsitsilin, Russland, 2014)
Nachdem die Schneekönigin besiegt wurde, trennten sich die Wege der Helden. Während Gerda und Kai in die Welt der Menschen zurückkehrten, taute Troll Orm seine Artgenossen auf und wohnt nun glücklich mit Wiesel Luta und seiner Großmutter im Trolldorf. Zumindest fast glücklich. Angetrieben von seinem hinterhältigen Spiegelbild nimmt er an einem Wettstreit um die schöne Prinzessin teil. Dabei kann er der Versuchung nicht widerstehen, die Geschichte um die Schneekönigin ein klein wenig auszuschmücken und sich zum Helden machen. Als dann plötzlich der Polarwind auftaucht und die Prinzessin entführt, muss er wohl oder übel beweisen, welcher Held tatsächlich in ihm steckt.
Und wenn sie nicht gestorben sind … dann machen sie halt was anderes. Traditionelle Märchen wurden normalerweise ja nicht fortgesetzt. Warum auch? Die endeten im Regelfall mit dem Tod des Widersachers, einer moralischen Läuterung des Helden, manchmal auch beidem. Kein Grund, die Geschichte noch länger hinauszuziehen. Heutzutage sieht man das freilich etwas anders. Kann mit einem Nachfolger Geld gemacht werden, dann spielt es keine echte Rolle, wie sinnvoll so etwas ist. Das Publikum wird es schon annehmen.
Eine Mogelpackung, wie man sie nur selten sieht
Bei Die Schneekönigin 2 ist das nun besonders kurios. Nicht nur, dass das zugrundeliegende Märchen von Hans Christian Andersen keine Fortsetzung vorsah und der Film deshalb so gar nichts mehr mit dem Original zu tun hat. Es gibt nicht einmal mehr eine Schneekönigin, welche dem Film ihren Titel leihen könnte. Selbst die ursprüngliche Heldin hat sich auf und davon gemacht. Zwar tauchen Gerda und Kai aus Die Schneekönigin hier wieder auf, schließen sich später doch noch dem Abenteuer an. Eigentlich hätte man sie aber auch ganz weglassen können, dem Film selbst haben sie nichts hinzuzufügen.
Das ist nicht nur ziemlich dreist, es ist auch irgendwo schade. Die feministische Note des ersten Teils geht damit zwangsweise verloren. Außerdem war Orm nicht unbedingt ein Stützpfeiler des Vorgängers. Die Versuche damals, mit ihm für ein bisschen Comic Relief zu sorgen, gingen kontinuierlich daneben. Und ausgerechnet der soll nun die Hauptfigur sein? Längere Zeit sieht es dann auch so aus, als würde Die Schneekönigin 2 die Qualität des ersten Abenteuers noch einmal unterbieten, der Humor ist fast schon schmerzhaft unkomisch. Später steigert sich der Film glücklicherweise jedoch. Der Moralhammer zum Thema Lügen wiegt zwar besonders schwer hier, die Idee des machtbesessenen Spiegelbilds ist dafür recht nett. Und zumindest der Endkampf ist auch tatsächlich sehenswert geworden, dramaturgisch wie visuell.
Es geht (optisch) voran!
Ohnehin hat das russische Animationsstudio Wizart Animation (Völlig von der Wolle) die Optik dieses Mal deutlich aufpoliert. Mit den Blockbusterkollegen aus dem Westen kann es die Fortsetzung noch immer nicht aufnehmen. Aber sie macht doch zumindest genügend her, dass man sie sich auch als kritischer Beobachter anschauen kann. Vor allem das Trolldorf ist hübsch geworden – was man von dessen jetzt detaillierteren, aber nach wie vor hässlichen Bewohnern nicht behaupten kann. Auch im weiteren Verlauf gibt es den einen oder anderen schön umgesetzten Moment. Aber es reicht dann insgesamt doch nicht, um eine wirkliche Empfehlung für Die Schneekönigin 2 auszusprechen, dafür ist der Inhalt zu schwach. Ein Fall für die Grabbelkiste.
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