(OT: „Downsizing“, Regie: Alexander Payne, USA, 2017)
Es gibt viel zu viele Menschen und viel zu wenig Ressourcen: Wenn nicht schnell gegengesteuert wird, dann droht der Erde eine absolute Katastrophe. Da trifft es sich doch gut, als in Norwegen eine bahnbrechende Entdeckung gemacht wird, die eine ungewöhnliche Lösung für das Problem mit sich bringt. Warum nicht einfach die Menschen schrumpfen? Dann bräuchten sie viel weniger zum Leben. Einige Jahre später hat sich das Verfahren etabliert, auch Paul Safranek (Matt Damon) und seine Frau Audrey (Kristen Wiig) haben beschlossen, ins Miniaturland Leisureland umzusiedeln. Doch schon beim Einzug kommt es zu unüberbrückbaren Differenzen. Als Paul seine Nachbarn Dusan (Christoph Waltz) und Konrad (Udo Kier) sowie die aus Vietnam geflohene Putzfrau Ngoc Lan (Hong Chau) kennenlernt, stellt das sein Weltbild endgültig auf den Kopf.
Gut Ding will Weile haben. Eigentlich hatte Alexander Payne schon vergangenes Jahrzehnt seine Zukunftsvision einer kleinen Menschheit drehen wollen. Dann kamen aber doch erst einmal andere Filme dazwischen, der amerikanische Regisseur beleuchtete in The Descendants und Nebraska zwei nicht so ganz ideale Familien, bevor er sich nun dem großen Wurf widmet. Und der Zeitpunkt könnte kaum besser gewählt sein, jetzt wo die USA sich ganz gerne aus jeglicher Nachhaltigkeit verabschieden würden. Die Erde retten, indem man alle Menschen kleiner macht? Das ist eine Idee, von der man auf Anhieb gar nicht sagen kann, ob man sie nun richtig genial oder absolut bescheuert finden soll. Das gilt aber auch für viele weitere Einfälle in Downsizing.
Wohin des Wegs?
So richtig schlau wird man nämlich nicht daraus, was Payne hier eigentlich genau beabsichtigt hat. Zunächst einmal ist das Szenario natürlich wunderbar originell. Der Film bezieht dann auch einen beträchtlichen Anteil seines anfänglichen Unterhaltungsfaktors aus der absurden Situation, sowohl vor wie auch nach Pauls Schrumpfkur. Während man als Zuschauer nun darauf wartet, welche kleinen Abenteuer die Minikolonie noch so bereithält, entscheidet sich Downsizing aber für einen komplett anderen Weg. Die Menschen bleiben auch im Anschluss noch klein. Nur spielt das keine echte Rolle mehr, der Fokus verschiebt sich in eine andere Richtung.
Lustig ist der Film auch dann, wird sogar noch ein klein wenig satirischer. Das liegt vor allem an den völlig überzogenen Nebenfiguren, die als Kontrast zum eher biederen Paul dienen. Dusan ist ein serbischer Ganove, selbstverliebt und extravagant – eine Paraderolle für den selten auf Subtilität spielenden Waltz (Django Unchained). Aber auch Lan hält sich nur wenig zurück, ist trotz ihres geringen sozialen Status Paul in vielerlei Hinsicht überlegen. Das ist amüsant, offenbart auch ein eher allgemeines Anliegen von Payne. Und doch ist es schade, dass das Szenario ab diesem Zeitpunkt so gar keine Rolle mehr spielt, die Utopie viel zu schnell zum Alltag übergeht.
Die ewige Suche nach dem Sinn des Lebens
Dabei ist Schnelligkeit keine wirkliche Tugend des Films. Payne lässt sich schon recht viel Zeit für seine Geschichte, weit mehr als zwei Stunden. Das ist einerseits nachvollziehbar, schließlich müssen die diversen Wendungen erst noch untergebracht werden. Zusammen mit dem mangelnden Fokus führt dies aber auch zu Längen, Downsizing irrt da schon ein bisschen sehr durch die Gegend. Sehenswert ist der Eröffnungsfilm der Filmfestspiele Venedig 2017 trotz allem. Denn auch wenn ihm ein bisschen mehr Schärfe ganz gut getan hätte, so hat er doch einiges zu erzählen, findet das Universelle im Absurden. Und er stellt auch einige lohnende Fragen, zum Wert eines Lebens, der Aufgabe des Menschen und worauf es am Ende wirklich ankommt.
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