(OT: „Kagaku Ninjatai Gatchaman: Gekijōban“, Regie: Hisayuki Toriumi, Japan, 1978)
Gut Ding will Weile haben. Als Sosai X Millionen von Lichtjahren reiste, um auf der Erde den Mutanten Berg Katze zu schaffen, ahnte niemand, was er vorhaben würde. 30 Jahre später ist es so weit: Als Anführer der Terroristenorganisation Galactor hat es sich der Außerirdische zum Ziel gemacht, mithilfe seiner Schergen die ganze Welt zu unterwerfen. Nur fünf Teenager, die Gatchaman, können das Unglück noch verhindern. Gemeinsam stellen sie sich dem Despoten in den Weg und kämpfen um das Schicksal der gesamten Menschheit.
Relikt einer futuristischen Vergangenheit
Die 1970er waren so etwas wie eine Blütezeit des Science-Fiction-Animes. Mechas boomten zu dieser Zeit kräftig, galaktische Serien wie Captain Future und Space Pirate Captain Harlock wurden zu großen Klassikern des Genres. Eher weniger bekannt hierzulande ist Gatchaman. Kein Wunder: Während in den USA eine Adaption namens Battle of the Planets produziert wurde und auch die Franzosen beim Kampf gegen Sosai X dabei waren, ist die Serie nie auf Deutsch erschienen. Daran wird sich 45 Jahre später wohl auch nichts mehr ändern. Immerhin ist sie aber als US-Import erhältlich, jetzt unter dem Titel Gatchaman. Auf dem kostenlosen Streamingdienst Viewster ist außerdem Gatchaman – The Movie verfügbar, auch in Deutschland wohlgemerkt.
Anders als man vielleicht erwarten könnte, handelt es sich hierbei jedoch nicht um eine Filmfortsetzung. Stattdessen wurde einfach einige Jahre später die Serie in einen einzigen Film kondensiert. Solche Zusammenschnitte sind bis heute in Japan üblich, auch aktuelle Serien erhalten – genügend Popularität vorausgesetzt – hin und wieder mal einen Compilation Movie. Und doch ist der Vorgang etwas trickreich, schließlich sollen hier auch neue Zuschauer angesprochen werden. Wenn aber nur ein Bruchteil übrigbleibt, bleibt oft auch das Verständnis auf der Strecke. Sprich: Wesentliche Informationen werden dem Publikum aus Zeitgründen vorenthalten, man versteht nur Bahnhof.
Auch Gatchaman – The Movie hat damit zu kämpfen, dass hier offensichtlich nur Fragmente einer größeren Geschichte gezeigt werden können. Während die grundsätzliche Situation recht schnell erfasst ist – Sosai X und Berg Katze wollen die Erde erobern, die Gatchaman genau das verhindern –, so mangelt es überall an Kontexten. Wer sind diese Jugendlichen? Wieso bilden sie zusammen ein Team? Woher haben sie ihre Ausrüstung? Alles Fragen, die knapp zwei Stunden später ohne befriedigende Antwort bleiben. Die emotional beabsichtigten Momente haben dann auch nicht die erwünschte Wirkung. Es wurde zuvor zu wenig dafür getan, dass man sich für die Protagonisten interessiert.
Ein Witz, der keiner sein sollte
Aber auch sonst hat der von Hisayuki Toriumi (Nils Holgersson, Lily C.A.T.) inszenierte Anime seine inhaltlichen Mängel. Das Szenario, dass eine Gruppe von Jugendlichen die Welt retten, trieft nur so vor Klischees, suhlt sich später auch schamlos im Kitsch. Schamlos sind aber auch die Actionszenen. Wenn ein unbewaffneter Mann problemlos eine Horde von mit Maschinengewehren bewaffneten Gegnern ausschaltet, darf man schon mal die Stirn runzeln. Und selbst wenn besagter Mann getroffen wird, wird er nicht getroffen – anders als in den teils überraschend brutalen Todesmomenten der Widersacher reicht es bei ihm nicht mal für Blut. Er selbst schafft es wiederum, andere nur mithilfe von Federn zu besiegen, die er durch die Gegend wirft. Das passt zu den Kostümen der Helden, die aus welchem Grund auch immer, Vögeln nachempfunden sind. Sinn ergibt es jedoch keinen.
Als Komödie hätte das sicher gut funktioniert, als Parodie auf Heldensagen. Da sich Gatchaman aber recht ernst nimmt, ist der Film jedoch allenfalls Trashfans zu empfehlen, die über den geballten Blödsinn schmunzeln können. Ein wenig schade ist die inhaltliche Nullnummer schon, denn die visuelle Gestaltung ist alles andere als Müll. Sicher, bei den Animationen muss man sich mit weniger zufriedengeben. Und die Designs sind ohnehin recht gewöhnungsbedürftig. Ansonsten aber hat das Animationsstudio Tatsunoko Production (Devander, Psycho-Pass 2) für eine Serienproduktion der frühen 70er gute Arbeit geleistet. Es gibt ein paar ansehnliche Hintergründe, größere Explosionen, sogar Parallex Scrolling ist dabei. Zusammen mit der Synthieuntermalung ist das ein recht atmosphärischer Ausflug in die Zukunft. Nur dass dort eben wenig wartet, das die Reise rechtfertigt.
(Anzeige)