(OT: „Same Kind Of Different As Me“, Regie: Michael Carney, USA, 2017)
Ron Hall (Greg Kinnear) ist ein international gefragter und erfolgreicher Kunsthändler und scheint alles im Leben erreicht zu haben: Geld, Gesundheit und eine glückliche Familie. Die Fassade beginnt zu bröckeln, als Ron seiner Ehefrau Debbie (Renée Zellweger) unfreiwillig seine Untreue gesteht. Nach einem ungewöhnlich bedeutungsschweren Traum ist Debbie bereit, den Fehltritt unter einer Bedingung zu verzeihen: Ron muss an ihrer Seite im Obdachlosenheim aushelfen. Dort treffen die beiden auf einen auf den ersten Blick besonders unangenehmen und widerspenstigen Zeitgenossen: Denver (Djimon Hounsou), ein unnahbarer, hochgewachsener Afroamerikaner mit starkem Südstaatenakzent, der stets mit einem Baseballschläger ausgerüstet auftritt und gerne mal um sich schlägt. So wie das Schicksal spielt, ist es gerade jener Rumtreiber, den Debbie in ihrem Traum gesehen hat. Aufgrund dessen bemüht sich das Ehepaar besonders um Denver, der sich bald als sensibler und umgänglicher Mann mit einer traumatischen Geschichte entpuppt. Mit der Zeit entwickelt sich eine ungewöhnliche Freundschaft zwischen Ron und Denver, die immer wieder auf die Probe gestellt wird. Besonders dann, als Debbie eine fatale Diagnose erhält.
Christlicher Hintergrund
Zuallererst sollte man wissen, dass Genauso Anders wie Ich ein Produkt des christlichen Film- und Fernsehstudios Pure Flix mit Sitz in den USA ist, die mit dem Slogan “Watch Family Friendly and Christian Movies and TV Shows” wirbt. Das stellt an für sich kein Problem dar. Wenn man sich dessen allerdings nicht bewusst ist, könnte man beim Ansehen durch den religiösen Touch verwirrt sein. Der Glaube, der oft nur angedeutet wird, fungiert in der Geschichte nämlich oftmals als Begründung für Wendepunkte und Charakterentwicklung, was für den nicht-christlichen Zuschauer unbefriedigend sein mag. Trotzdem sollte sich selbst das atheistische Publikum nicht davon abschrecken lassen, denn Genauso Anders wie Ich ist ein christlicher Film im humanitären Sinn. Es geht vielmehr um Wohltätigkeit anstatt um Religion.
Starbesetzung und gekonntes Handwerk
Die hochkarätige Besetzung garantiert definitiv eine gewisse Qualität und mag so manchen Zuschauer in die Kinos locken. Mit Greg Kinnear (Little Men) und Renée Zellweger (Chicago, Bridget Jones – Schokolade zum Frühstück), die man auf den ersten, vielleicht auch auf den zweiten Blick nicht wirklich erkennen kann, in den Hauptrollen des geldigen, texanischen Ehepaars liegt die Messlatte hoch. Die Erwartungen können die beiden auf jeden Fall erfüllen. Der Charakter des Ron Hall ist zwar leider etwas flach geraten, sodass Kinnear nur wenig Chancen hat, sein schauspielerisches Talent zu beweisen, wohingegen Zellweger als gutherzige und eigenwillige Südstaatenhausfrau überzeugt. Auch die Nebenrollen sind stark besetzt, u.a. mit Djimon Hounsou, der für Blood Diamond für den Oscar als bester Nebendarsteller nominiert war, und Jon Voight als zynisches und durchweg alkoholisiertes Familienoberhaupt Earl Hall.
Kamera, Musik und Editing lassen ebenfalls nichts zu wünschen übrig. Es wird zwar nichts Neues ausprobiert und die Untermalung wirkt manchmal etwas altmodisch, was dieser Art Film aber nichts abtut. Die Botschaft, die der Film vermitteln möchte, ist moralisch hochwertig. Auch die Story von der Kraft des Glaubens und der Überwindung von Rassismus und Klassenunterschieden, die außerdem auf wahren Begebenheiten basiert, ist nicht zu verachten. Teilweise schaffen es die Schauspieler sogar, Textstellen so zu vermitteln, dass man fast gerührt ist. Allerdings gelingt es aus verschiedenen Gründen nur selten, den Zuschauer wirklich mitzureißen.
Platte Klischees
Leider trieft Genauso Anders wie Ich nur so vor Schnulz, Kitsch und Stereotypen. Die Charaktere und die Geschichte möchten so aufrichtig, so gut, so bewundernswert sein, dass in der erzwungenen Perfektion die Realität menschlicher Tiefe und die Glaubwürdigkeit verloren gehen. Im Film werden diverse Problematiken abgeklappert: Ehebruch, die Schere zwischen arm und reich, soziale Differenzen, rassistische Vorurteile, die traumatischen Folgen der Sklaverei in Amerika, etc. Viele ernsthafte Themen, die im Film aber nur platt und einfallslos wiedergegeben werden. Zum Beispiel wirkt die Darstellung von Denvers Kindheit in den Baumwollplantagen abgedroschen und nimmt einen zu großen Platz in der Geschichte ein. Eine Entwicklung der Charaktere findet zwar statt, allerdings ohne ersichtlichen Antrieb und meist viel zu plötzlich. Der zunächst zügellose und grobe Denver zerstört in einem Moment das Interieur des Obdachlosenheims, um im nächsten feinfühlig und wortgewandt Gemälde in einer Kunstausstellung zu analysieren und überrascht damit nicht nur den erfahrenen Kunsthändler Ron.
Anstatt sich auf die Freundschaft zwischen Ron und Denver zu konzentrieren, deren reale Vorlage zur Folge hatte, dass mehrere Millionen Dollar im Rahmen einer Stiftung für Obdachlose in Amerika aufgebracht wurden, schaukelt sich die Geschichte von einer Tragödie zur nächsten. Dabei wird kräftig auf die Tränendrüse gedrückt. Musik und Farbkorrektur unterstreichen das Sujet. Dabei geht der vielleicht altmodisch-christliche, dennoch kostbare Aufruf zur Nächstenliebe in einem schimmernd glänzenden Sumpf aus Kitsch und Selbstherrlichkeit unter. Mit einer geradlinigeren Story, einem Fokus auf Freundschaft als Grundlage und einer lebensnahen Darstellung hätte man hier mehr erreicht. Am Ende muss man vielleicht einfach akzeptieren, dass die Begründung für jegliches Handeln und Ereignis im Film das Vertrauens in Gott ist, mit welchem die Charaktere jede Hürde zu überwinden scheinen.
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