(OT: „Ningyo no Mori“, Regie: Takaya Mizutani, Japan, 1991)
Meerjungfrauen sind nicht nur besonders reizende Geschöpfe, sie verleihen auch große Kräfte. Wer von ihrem Fleisch isst, so besagt es eine Legende, wird unsterblich. Dass an der Geschichte etwas dran ist, das wissen Yuta und Mana nur zu gut. Denn die beiden jungen Menschen sind in Wahrheit deutlich älter. Aber auch die Schwestern Towa und Sawa wissen um die Macht des Fleisches. Und um die Gefahren, die mit dessen Verzehr einhergehen.
Hübscher Horror
Seit dem Disney-Klassiker Arielle, die Meerjungfrau ist unser Bild von den weiblichen Fisch-Mensch-Zwittern doch sehr positiv geprägt. Nette, freundliche Wesen, verspielt, ein bisschen naiv vielleicht, immer auf der Suche nach Liebe. In Japan erinnert man sich aber ganz gern an alte Sagen, die oft düsterer Natur waren. Beispiel: „Mermaid Saga“ von Rumiko Takahashi. Die gefeierte Mangaka ist eigentlich eher für humorvollere Werke wie „Ranma ½“ oder „Maison Ikkoku“ bekannt. In dem zwischen 1984 und 1994 sporadisch veröffentlichten Werk zeigt sie aber ihre Vorliebe für abgründige und tragische Stoffe.
Mehrfach wurde die Reihe als Anime adaptiert, die erste Fassung war eine Direct-to-Video-Produktion aus dem Jahr 1991 und stammt von Studio Pierrot (Tokyo Ghoul, Onigamiden – Legend of the Millennium Dragon). Das Alter sieht man ihr an, hier gibt es keine nennenswerten Effekte. Der Look ist durch und durch altmodisch. In diesem Fall passt es aber, da wir hier doch tief in die japanische Folklore eintauchen und zudem eine Hauptfigur begleiten, die schon mehr als 500 Jahre auf dem Buckel hat.
Das Problem des begrenzten Ausschnitts
Sonderlich viel sollte man von Yuta oder auch den anderen Charakteren trotz des biblischen Alters aber nicht erwarten, die sind alle ohne viel Gehalt oder Persönlichkeit. Das ist zum Teil durch die kurze Laufzeit von 53 Minuten bedingt, aber auch dadurch, dass hier eben eine Einzelgeschichte aus dem Gesamtwerk herausgepickt wurde. Während die Reihe von den beiden unsterblichen Menschen handelt, die wieder normal werden wollen, kommt dies in der OVA gar nicht heraus. Kontexte fehlen hier fast völlig, vieles erscheint ohne Vorkenntnisse willkürlich und sinnlos.
Allein deshalb schon ist die Jahre später produzierte TV-Serie dann doch die lohnendere Anschaffung, da sie fast den gesamten Manga adaptiert, anstatt nur einen Ausschnitt zu bieten. Ohnehin wird man sich schwertun, die alte Fassung noch aufzutreiben. War sie in den 90ern noch auf VHS-Kassette ein regelmäßiger Gast in Anime-Sammlungen, muss man nun schon auf einen nur noch antiquarisch erhältlichen Frankreichimport zurückgreifen. Dennoch hat der Film seine Vorzüge. Ähnlich zu beispielsweise Pet Shop of Horrors – wo ebenfalls eine Meerjungfrau auftaucht – ist Mermaid Forest eine stimmungsvolle Verknüpfung von Horror und Drama. Eine, die zudem weniger vorhersehbar ist, als es Beiträge aus diesem Bereich oft sind. Gerade zum bitteren Ende hin hält Takahashi Wendungen bereit, die ebenso überraschen wie verstören.
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