(OT: „The Collection“, Regie: Dearbhla Walsh/Dan Zeff, UK/Frankreich, 2016)
1947 ist der Zweite Weltkrieg zwar vorbei, Europa erholt sich aber nur langsam von den Schrecken der letzten Jahre. Ein bisschen Glamour kann da nicht schaden. Und so machen sich die beiden Brüder Paul (Richard Coyle) und Claude Sabine (Tom Riley) gemeinsam mit einem finanzkräftigen Investor an die Arbeit, ihr Modehaus zu etablieren und Paris wieder zum Mittelpunkt der Modewelt zu machen. Während Paul als Gesicht nach außen die Werke an die Frau bringt, gehen die Designs insgeheim auf Claude zurück. Das ist jedoch nicht der einzige Anlass für wiederkehrende Spannungen bei Familie Sabine. Gerade Yvette (Frances de la Tour), die manipulative und skrupellose Mutter der beiden, hat so manche Leiche im Keller vergraben.
Während das Film- wie auch das Musikgeschäft immer wieder in Filmen thematisiert werden, ist die Welt der Mode auffallend abwesend. Hin und wieder versuchen sich Geschichtenerzähler natürlich schon an der glitzernden Haute Couture – meist um à la Der Teufel trägt Prada oder The Neon Demon satirisch die Abgründe hervorzuholen. Auch Oliver Goldstick, der Mann hinter The Collection, will sich in erster Linie mit den düsteren Aspekten der farbenfrohen Nabelschau auseinandersetzen. Er verzichtet dabei jedoch auf Humor. Sein Ausflug in das Frankreich der 1940er ist ernst. Sehr ernst sogar.
Der gute alte Bruderkampf
Der Hauptkonflikt in der Geschichte ist natürlich der der beiden Brüder. Claude ist das unbekannte Genie, das aufgrund seines ausschweifenden, homosexuellen Lebens das Geschäft ständig in Gefahr bringt. Paul weiß, wie man Produkte gut vermarktet, kann sie aber nicht selbst herstellen. Da liegt eine Zusammenarbeit der beiden natürlich auf der Hand: Jeder bringt eigene Talente mit sich. Wenn dabei aber zwei so entgegengesetzte Persönlichkeiten aufeinandertreffen, ganz zu schweigen von guter alter brüderlicher Rivalität, dann rappelt es schnell im Klamottenkarton.
Und doch ist The Collection eben kein verkapptes Duell im Stil von Die Dasslers – Pioniere, Brüder und Rivalen. Da wäre zum einen Mama Yvette – wunderbar widerwärtig von Frances de la Tour (Wrong Identity – In der Haut einer Mörderin) gespielt –, die das Familienunternehmen selbst bestimmen will und nicht so wahnsinnig viel von Zurückhaltung hält. Aber auch bei den anderen Figuren liegt viel im Argen. Da gibt es Pauls Eheprobleme mit Helen (Mamie Gummer). Wir treffen Nina (Jenna Thiam), die eigentlich Näherin ist, bevor sie selbst zum Model wird, zum Ärger ihrer Kolleginnen, dabei immer noch ihrem Sohn nachtrauert, welchen sie weggegeben hat. Der junge amerikanische Fotograf Billy Novak (Max Deacon) plagt sich mit Kollegen herum. Und wäre da ja noch die Polizei, die zum Leidwesen der Sabines herumschnüffelt.
Viel Zoff, wenig Kleidungsstoff
Viel Stoff also, um daraus nicht nur Kleider, sondern auch Drama zu schneidern. Der erste Punkt ist da etwas enttäuschend. Zwar ist andauernd von Mode die Rede, zu sehen ist sie aber eher selten. The Collection konzentriert sich vor allem auf die Figuren, die sich bei dem Versuch, die Modewelt zu erobern, gegenseitig zerfleischen. Das Drama wiederum ist ein bisschen viel. Zwar schafft es die Serie immer wieder die Kurve zu kriegen, bevor sie Soap-Opera-Gefilde erreicht. Sie macht es einem aber nicht gerade einfach, immer den Überblick zu behalten, wer jetzt gerade wo warum und wie seine Probleme hat – auch weil mancher Nebenstrang nicht so recht zu Ende erzählt wird.
Aber auch wenn die Serie nicht ganz die Qualität erreicht, die man sich hier vielleicht erhofft hat und etwas unbefriedigend endet, es lohnt sich durchaus hier mal vorbeizuschauen. Die Pariser Atmosphäre wurde gut eingefangen, die historische Ausstattung kann sich sehen lassen. Mit Richard Coyle (Crossbones – Die komplette 1. Staffel) und Tom Riley (Kill Your Friends) rangeln sich zudem zwei charismatische Hauptdarsteller inmitten einer prima Besetzung. Und zumindest eine Weile ist die Spannung auch hoch, welche Folgen die diversen Geheimnisse und Intrigen noch so nach sich ziehen werden. Denn zuzutrauen ist den verkorksten Leuten hier eine Menge.
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