(OT: „Verónica“, Regie: Paco Plaza, Spanien, 2017)
Verónica (Sandra Escacena) hat es echt nicht leicht im Leben. Seit dem Tod ihres Vaters ist sie es, die sich um die drei jüngeren Geschwister kümmern muss, während die Mutter unentwegt in einer Kneipe arbeitet. Vor allem aber vermisst sie ihren Vater. Und so beschließt sie, mit ihren Freundinnen eine kleine Seance mit dem Ouija-Brett abzuhalten, während der Rest der Schule auf dem Dach die Sonnenfinsternis betrachtet. Aber das Ergebnis ist anders als erhofft. Nicht nur, dass die Jugendliche ihr Bewusstsein verliert. In Folge beobachtet sie eine Reihe seltsamer Ereignisse, die von Mal zu Mal unheimlicher werden. Am Ende ist nicht nur sie, sondern auch ihre Familie in großer Gefahr.
Angesichts der vielen Menschen, die regelmäßig an einem Ouija-Brett ihr Filmleben lassen, sollte man eigentlich meinen, dass es die Leute inzwischen besser wüssten. Spiel mit dem Teufel und du bist des Todes! Aber vielleicht war dieses Wissen 1991 noch nicht ganz so weit verbreitet. In besagtem Jahr spielt nicht nur Verónica, auch das den Film inspirierende Ereignis fand damals statt. Von diesem ist hier natürlich nur ein Fragment übrig. Es gibt ein paar Originalbilder zum Schluss, dazu eingeblendete Daten im Reportagestil, um die Authentizität zu erhöhen. Der Rest? Frei erfunden.
Ein Déjà-vu nach dem anderen
Nun mag man zu diesen etwas erzwungenen und exzessiv genutzten Beispielen für „basiert auf wahren Ereignissen“ stehen, wie man will. Das größere Ärgernis von Verónica ist, dass die frei erfundene Geschichte so wenig originell ist. Denn wer schon komplett auf seine Fantasie zurückgreift, um einen vermeintlich realen Film zu drehen, der sollte sie dann auch wirklich nutzen, anstatt nur die kleine Bibel der Teufelsbeschwörung zu zitieren. Ob es die blinde Nonne ist, Alpträume, die keine sind, plötzlich verschlossene Türen – da ist nur wenig dabei, was diesen Horrorstreifen von den vielen thematisch ähnlichen unterscheidet. Allenfalls das langsame Erwachsenwerden der Protagonistin, Menstruation inklusive, sticht etwas hervor, wird aber zu wenig thematisiert, um wirklich zu überzeugen.
Glücklicherweise ist Paco Plaza aber ein sehr viel spannenderer Regisseur als Drehbuchautor. Das hatte er bei [REC] schon unter Beweis gestellt, einem der populärsten Titel der Found-Footage-Welle. Ein ähnliches Gimmick verwendet der Spanier hier zwar nicht, es sind aber dennoch die Bilder, welche Verónica auszeichnen. Das Spiel mit Licht und Schatten wird hier von Beginn an gut genutzt, wenn Sonnenfinsternis auf dem Dach und Seance im Keller schöne Kontraste bilden. Und auch der eine oder andere Spukvorfall zeichnet sich in erster Linie visuell aus – erneut durch ein Zurückgreifen auf dunkle, schemenhafte Figuren.
Bei dem Talent wäre mehr drin gewesen
Was Verónica zudem auszeichnet ist Hauptdarstellerin Sandra Escacena, die sich hier voller Inbrunst in ihre Rolle wirft. Streckenweise sieht man dem Beitrag vom Fantasy Filmfest 2017 dann auch ganz gern zu. Aber eben nur streckenweise. Als kompletter Film, der mehr als anderthalb Stunden lang die Aufmerksamkeit an sich ziehen soll, tut sich die spanische Produktion dann doch eher schwer. Für einen No-Name-Streifen wäre das Ergebnis beachtlich gewesen, ein punktuell vielversprechendes Talent für die Zukunft. Für Plaza jedoch sowie Spanien als eines der spannendsten Genreländer der letzten Jahre ist das Gebotene aber trotz diverser Vorschusslorbeeren zu wenig.
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