Atlantis
© Disney

Atlantis – Das Geheimnis der verlorenen Stadt

(OT: „Atlantis: The Lost Empire“, Regie: Gary Trousdale/Kirk Wise, USA, 2001)

AtlantisAtlantis? Nein, das ist nur eine Legende. Das zumindest sagen die Forscher der Smithsonian Institution. Doch Milo Thatch, der dort als Sprachwissenschaftler und Boilerjunge arbeitet, ist fest davon überzeugt, dass mehr daran ist. Als ihm ein altes Manuskript in die Hände fällt, welches eine Wegbeschreibung zu der untergegangenen Insel enthält, gibt es für dann auch kein Halten. Tatsächlich findet er einen Millionär, der die Expedition finanziert und Milo alles zur Verfügung stellt, was dieser braucht. Aber Geld allein reicht nicht aus, wie die Crew bald feststellen muss. Denn da unten warten diverse Gefahren auf sie – und auch Überraschungen.

Zur Jahrtausendwende war die Animationssparte von Disney mal wieder schwer im Umbruch. Keiner wusste so recht, wohin die Reise gehen sollte, auch der steigenden Beliebtheit von CGI-Animationsfilmen wegen. Für das Unternehmen war das schlecht, als Zuschauer aber doch zumindest spannend: Man wusste nie, was als nächstes passieren würde. Waren die Filme in den 90ern oft doch recht ähnlich aufgemacht, folgte nun eine Reihe von Werken, die kaum noch etwas miteinander gemeinsam hat. Zuerst war da mit Fantasia 2000 das bös gefloppte Sequel des Klassikers, dann ein Realfilm/CGI-Mix (Dinosaurier), Ein Königreich für ein Lama war eine überraschend selbstironische Komödie im Stil alter Slapstick-Filme, im Anschluss folgte mit Atlantis eine Hommage an alte Abenteuer im Stil von Jules Vernes. Vier Versuche, von den zuvor bewährten Wegen abzuweichen. Und nur einer – Dinosaurier – brachte die gewünschte wirtschaftliche Wirkung.

Alte Hasen, neue Wege
Dabei waren bei der Suche nach dem sagenumwobenen Reich echte Veteranen beteiligt: Gary Trousdale und Kirk Wise hatten zuvor immerhin Die Schöne und das Biest sowie Der Glöckner von Notre Dame inszeniert, zwei der großen Titel aus der Disney-Renaissance. Vielleicht ließ man sie deshalb auch gewähren, als sie hier mal etwas ganz anderes versuchen wollten. Und so verschwanden die gewohnten Musical-Lieder, die tierischen Sidekicks waren ausgestorben, statt Fantasy war nun Science-Fiction angesagt. Alles Punkte, die für viele zu einem Disney-Film dazugehörten und entsprechend oft hier als vermisst gemeldet wurden.

Dass man Atlantis nicht sofort ansieht, dass er tatsächlich von Disney stammt, liegt aber auch an der gewöhnungsbedürftigen Optik. Die Figuren sind sehr kantig, stilisiert, wie aus einem einem Samstagmorgen-Cartoon. Das muss nicht automatisch schlecht sein, 101 Dalmatiner ging seinerzeit in eine ähnliche Richtung. Nur war das damals aus einem Guss. Hier nicht. Schon während der Renaissance baute Disney zunehmend Computerlemente ein, diesmal ging man noch einen ganzen Schritt weiter. Das macht die Inszenierung einerseits dynamischer, was auch gut zu der stärker actionlastigen Ausrichtung passt. Aber es führt doch zu einem stärkeren Bruch der einzelnen Bestandteile, die zu offensichtlich nicht zusammengehören. Ebenfalls unschön sind die Animationen, die nicht annähernd so flüssig sind wie die hauseigenen Klassiker von einst.

Sympathie reicht manchmal nicht aus
Inhaltlich hinterlässt Atlantis ebenfalls gemischte Gefühle. So löblich es war, andere Wege beschreiten zu wollen und vielleicht auch erwachsenen Zuschauern mal etwas anzubieten, das Experiment geht nicht so ganz auf. Die Geschichte ist zu simpel und überraschungsarm, um wirklich neue Zielgruppen zu erschließen. Die Figuren sind zwar der Crew sei Dank zahlreich, aber nicht unbedingt interessant. Einige sind ganz offensichtlich rein als Comic Relief eingebaut worden, jedoch ohne dabei wirklich komisch zu sein. Teilweise kommt zwar eine nostalgisch stimmende Abenteuerstimmung auf, die Sehnsucht, geheime Orte zu entdecken und vergessene Rätsel zu entschlüsseln. Aber es bleibt eine gute Absicht, ein Film, den man eher aus Prinzip mag als für das, was er am Ende liefert.



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Keine Songs, keine Tiere, wenig Humor – mit „Atlantis“ versuchte Disney seinerzeit tatsächlich mal etwas Neues. Das ist sympathisch, im Ergebnis aber nicht wirklich gut. Die Figuren sind uninteressant, die Geschichte ohne großen Überraschungen, der Humor schwach, auch die Optik überzeugt nicht so recht. Pluspunkte gibt es dafür für das nostalgisch stimmende Abenteuergefühl im Stil von Jules Vernes.
6
von 10