(OT: „The Son of Bigfoot“, Regie: Ben Stassen/Jeremy Degruson, Belgien/Frankreich, 2017)
Leicht war das Leben von Adam ja nie. Aufgewachsen ist er ohne Vater, an der Schule wird er regelmäßig zur Zielscheibe des Spotts. Und dann auch das noch: Seine Füße sind in der letzten Zeit so komisch gewachsen, auch seine Haare machen, was sie wollen. Ein Zufall ist das nicht, es liegt vielmehr in seinen Genen. Bei seinem Vater handelt es sich nämlich um den legendären Bigfoot, einen am ganzen Körper behaarten Menschenaffen. Und tot ist der auch nicht. Vielmehr hat er sich tief im Wald versteckt, um so einem Pharmaunternehmen zu entkommen, welches es auf seine DNA abgesehen hat. Genaugenommen hat es das noch immer. Als Adam eines Tages die Wahrheit über seinen Vater erfährt, dauert es dann auch nicht lange, bis den beiden lauter fiese Männer auf der Spur sind.
So beliebt Animationsfilme auch sein mögen und regelmäßig unsere Kino Top 10 stürmen, so sehr ist der Bereich dabei von US-Produktionen dominiert. Einer der wenigen Regisseure, der sich auch als Nicht-Amerikaner in den letzten Jahren einen Namen gemacht hat, ist der Belgier Ben Stassen. Wobei man seinen Filmen die Herkunft auf den ersten Blick nicht ansieht, zumindest inhaltlich. Nachdem Stassen beim letzten Mal den amerikanischen Literaturklassiker Robinson Crusoe als Vorlage nahm, steht diesmal eine der bekanntesten US-Legenden auf dem Programm: Bigfoot. Immer wieder berichteten Menschen davon, zweibeinige, affenähnliche Wesen gesehen zu haben, seit Ende des 19. Jahrhunderts gibt es hierfür dann auch den bekannten Namen.
Witzige Grundidee …
An der Historie des Sagenwesens hat Stassen jedoch nur wenig Interesse. Stattdessen werkelte er mal wieder an einer ganz eigenen Version der bekannten Geschichte. Ob man dieses Prinzip nun gutheißen soll, bekannte Werke zu nehmen, sie aber kaum zu verfolgen, das sei mal dahingestellt. Das größere Problem bei Bigfoot Junior wie auch schon beim Vorgänger: Der Film hat nichts Interessantes zu erzählen. Die Idee, Bigfoot von einem Pharmaunternehmen verfolgen zu lassen, welches sich die Haarwuchsmöglichkeiten vergolden lassen will, die ist noch witzig. Und auch, dass sich Adam damit auseinandersetzen muss, anders zu sein, hat Charme.
Beides bringt aber wenig, wenn es nicht entsprechend ausgebaut wird. Stattdessen gibt es mal wieder lauter Situationen, in denen Tiere etwas Komisches machen. Oder etwas, das die Filmemacher für komisch hielten. Aber wie diverse Kollegen auch machen sie hier die falsche Annahme, dass Tiere, die etwas Menschliches tun, damit automatisch unterhaltsam sind. Verständlich ist das, Werke wie Jagdfieber oder Sing haben auf diese Weise eine ganze Menge Geld eingespielt. Was dort klappt, muss nicht unbedingt überarbeitet werden. Und doch ist es schade, wie generisch Bigfoot Junior trotz des ungewöhnlichen Helden geworden ist. Wie langweilig sogar. Dass die deutsche Synchronisation suboptimal ausfällt, steigert auch nicht unbedingt den Spaß an der Sache.
Ist das alles?
Visuell läuft es da schon besser, zumindest der Wald ist streckenweise ganz hübsch. Dass Europäer nicht das Budget der US-Konkurrenz aufbringen können, das ist jedoch kaum zu übersehen. Der Detailreichtum hätte höher sein dürfen, die Animationen weniger gummiartig, die Designs etwas einfallsreicher. Da ist beispielsweise der französische Nachbar Die Dschungelhelden – Das große Kinoabenteuer sehr viel spannender anzuschauen. Und doch scheint der Erfolg Stassen Recht zu geben, Bigfoot Junior fuhr nicht nur in Europa ordentliche Ergebnisse ein, auch in China und Südkorea reichte es für die Top 10. Einerseits ist das schön, um die hiesige Animationswirtschaft anzukurbeln. Schöner wäre es aber, wenn der Film mehr böte als einen kindlich-kleinsten gemeinsamen Nenner. Ansehen kann man sich das Naturabenteuer sicher. Es gibt nur wenig Grund dazu, ausgerechnet dieses anschauen zu wollen und nicht einen der vielen anderen, oft austauschbaren Animationsfilme, die so eifrig produziert werden.
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