(OT: „Candice Renoir – Saison 4“, Regie: Sylvie Ayme/Stéphane Malhuret/Olivier Barma/Nicolas Picard-Dreyfuss, Frankreich, 2016)
Da dachte Kommissarin Candice Renoir (Cécile Bois), dass endlich mal wieder Ruhe in ihr Leben einkehren würde. Aber denkste. Nach dem Abgang von Antoine (Raphaël Lenglet), der zu einer anderen Abteilunge befördert wurde, ist alles nicht mehr so, wie es war. Zwar bekommen sie und Chrystelle (Gaya Verneuil) mit Meddhi (Ali Marhyar) tatkräftige Unterstützung. Aber sie vermisst ihren alten Kollegen schon sehr. Während Candice bei der Arbeit andere Seiten aufziehen und seriöser werden will, führt sie ein Fall in ihre alte Heimat und reißt unangenehme Wunden wieder auf. Als Antoine später zurückkommt, wird es nur noch schlimmer. Denn das bedeutet, sich mit ihren Gefühlen auseinandersetzen zu müssen. Soll sie sich darauf einlassen? Und wie soll sie sich David (Stéphane Blancafort) gegenüber verhalten, mit dem sie glücklich liiert war und der inzwischen auch von ihren vier Kindern akzeptiert wurde?
Eines muss man den Machern von Candice Renoir ja lassen: Sie sind offensichtlich fest entschlossen, das bewährte Konzept zu verändern und weiterzuentwickeln. Als die französische Serie 2013 an den Start ging, brachte sie eine Menge frischen Wind in das Krimigenre – und das nicht nur, weil sie oft an südfranzösischen Stränden spielt. Vor allem die Titelfigur hatte nur wenig mit ihren Kollegen gemeinsam: Wenn die als Barbiepuppe verunglimpfte Kommissarin ihre Fälle mit Charme, Witz und Intuition löste, dann war das eine wohltuende Abkehr von dem eintönigen Ermittlerallerlei. Und es sorgte für unterhaltsam-komische Reibungen in dem festgefahrenen Polizeialltag.
Die Geschichte eines persönlichen Dramas
Nachdem diese Idee 18 Folgen lang Bestand hatte, begannen in Staffel 3 erste Veränderungen. Der Humor wurde etwas zurückgefahren, dafür wandte man sich ernsteren Themen zu. In Staffel 4 wurde diese Entwicklung weiter vorangetrieben, aus einer Fast-Komödie wird nun endgültig ein Drama – mit gemischten Ergebnissen. Wo beim letzten Mal die Balance noch gut funktionierte und man diverse gesellschaftsrelevante Themen fand, stehen nun vor allem persönliche Befindlichkeiten auf dem Programm. Die hatte es vorher natürlich auch schon gegeben. Schließlich ist das Leben einer alleinerziehenden Mutter von vier Kindern kein Zuckerschlecken. Und auch Chrystelle hatte mit ihrem Mutterdasein zu kämpfen. Doch das ist kein Vergleich zu dem, was einen bei den zehn neuen Episoden erwartet.
Im Mittelpunkt steht diesmal die romantische Annäherung von Candice und Antoine. Kleinere Vermutungen in diese Richtung dürften viele Zuschauer zuvor schon gehabt haben, jetzt geht es aufs Ganze. Einen Gefallen tat man der leidgeplagten Kommissarin damit aber nicht, die wirklich von einem Liebeschaos zum nächsten stolpert. Und auch das Publikum wird nicht unbedingt glücklich mit dieser Entwicklung sein. Die Leichtigkeit, welche Candice Renoir eins auszeichnete, die ist nun verlorengegangen. Es sieht auch nicht danach aus, als würde die noch einmal zurückkommen – dafür passiert hier zu viel, eine Rückkehr zum alten Status Quo scheint ausgeschlossen.
Erst kommt das Privatleben, danach der Beruf
Aber es ist nicht nur der Hang zum übertriebenen Melodram, der einem hier den Spaß verdirbt. Auch die Fälle haben unter der Neuausrichtung zu leiden. Schon beim letzten Mal zeigte sich eine Neigung, Berufliches und Privates miteinander zu vermischen. Bei Staffel 4 wird das etwas schamlos auf die Spitze getrieben: Wenn nicht persönliche Beziehungen zum Inhalt der Fälle werden, dann sind Letztere oft nur ein Vorwand, um die schwierige Romanze voranzutreiben. Wer die Serie auch der originellen Geschichten wegen mochte, der muss sich hier auf weniger (Rätsel-)Stoff einstellen. Nur wenige Folgen sind tatsächlich auch als Krimi befriedigend. Aber auch wenn die Qualität hier nach der gelungenen Vorgängerstaffel wieder nach unten geht, fürs solide Mittelfeld reicht es noch immer. Die Figuren sind inzwischen so weit etabliert, haben so viel erlebt, dass sie doch mehr Persönlichkeit haben als die meisten TV-Ermittler. Und auch der fest zur Serie gehörende Charme ist nicht ganz verschwunden. Bei der dieses Frühjahr in Frankreich gezeigten fünften Staffel darf der Schwerpunkt aber gern wieder woanders gelegt werden.
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