(OT: „The Adventures of Ichabod and Mr. Toad“, Regie: Jack Kinney/Clyde Geronimi/James Algar, USA, 1949)
In der zweiten Hälfte der 1940er sah es so aus, als wäre Disney bereits Geschichte. So schön Filme wie Pinocchio und Bambi auch gewesen sein mochten, während des Zweiten Weltkriegs war damit einfach kein Geld zu verdienen. Also beschloss das Unternehmen, keine ganzen Zeichentrickfilme mehr zu produzieren, sondern nur noch Kurzfilme, die zusammen als Gesamtpaket vermarktet wurden. Das senkte einerseits die Kosten, andererseits auch die Qualität. Auch wenn diese Anthologien Teil der sogenannten Meisterwerke-Reihe sind, würde sie kaum einer als solche bezeichnen. Während die erste dieser Sammlungen (Saludos Amigos) noch eine irgendwie nette Kuriosität war, die immerhin durch das südamerikanische Thema zusammengehalten wurde, wurden die folgenden Packages von Mal zu Mal schlechter. und willkürlicher.
Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte wird meistens als sechste und letzte dieser Anthologien bezeichnet. Und doch fällt sie ein wenig aus dem Rahmen. Zum einen ist sie wieder deutlich sehenswerter als die vorangegangenen Kollegen. Zum anderen ist das Konzept etwas unterschiedlich. Eine wirkliche inhaltliche Klammer gibt es zwar auch dieses Mal nicht, immerhin passen die zwei Segmente aber gut zusammen, sind in der Kombination nicht ganz so wajllos wie andere Beispiele.
Zwei Klassiker in einem
Der erste Teil – Das Erlebnis von Taddäus Kröte – basiert auf einem Kapitel von Kenneth Grahames „Der Wind in den Weiden“. Erzählt wird darin, wie der unternehmungslustig-waghalsige Taddäus unbedingt ein Auto haben will und dabei böse von der Wieselbande aufs Kreuz gelegt wird. In Das Abenteuer von Ichabod, welches Washington Irvings „Sleepy Hollow“ zur Grundlage hat, folgen wir einem Dorflehrer, der mit diversen Damen anbandelt und damit den Zorn eines Konkurrenten auf sich zieht.
„Der Wind in den Weiden“ war schon seit den späten 30ern als Disney-Projekt angedacht, nach mehreren Verschiebungen und Umentscheidungen fanden die beiden rund 35 Minuten dauernden Filme deutlich später zusammen. Damit es nicht ganz so stark auffiel, dass die beiden Teile eigentlich gar nicht zusammengehören, wurde eine Einleitungssequenz eingefügt, die von großer Literatur spricht und beides als Beispiele aufführt. Lustig dabei: Bei der Aufzählung großer Romanfiguren werden drei genannt, die später tatsächlich von Disney als Zeichentrick umgesetzt wurden: Robin Hood (Robin Hood), König Arthur (Die Hexe und der Zauberer) und Sherlock Holmes (Basil, der große Mäusedetektiv). Dass diese Einführung auch noch von Basil Rathbone gesprochen wird, einem der großen Holmes-Darsteller, macht die Sache noch ein klein wenig witziger.
Slapstick, so weit das Auge reicht
Ansonsten hält sich der Witz eher zurück. Nicht, dass es an Versuchen mangeln würde. Sowohl Das Erlebnis von Taddäus Kröte wie auch Das Abenteuer von Ichabod enthalten diverse Slapstickszenen, mal in Form einer Verfolgung, mal in Missgeschicken. Typische Cartoons, wie sie seinerzeit zuhauf gedreht wurden und die eigentlich nicht als Hauptgang gedacht waren. Gerade das Krötenabenteuer ist in der Hinsicht recht anstrengend, bis der tatsächlich unterhaltsame Teil beginnt, vergeht schon eine ganze Weile. Das Finale ist dafür klassisches Zeichentrickmaterial.
Auch bei Ichabod kommt der Höhepunkt zum Schluss. Anders als zum durchgängig albernen ersten Teil wird es hier jedoch gleichermaßen komisch wie unheimlich. Die Geschichte um den kopflosen Reiter kennen heutige Zuschauer wohl vor allem durch Tim Burtons Sleepy Hollow. Hier wird er im Rahmen einer irrwitzigen Verfolgungsjagd zum Leben erweckt. Die sieht nett aus, so wie die Optik des Doppelpacks insgesamt in Ordnung geht. Mit der detailverliebten Opulenz der „echten“ Filme kann es das hier aber zu keiner Zeit aufnehmen, dafür ist das dann doch zu simpel. Ohnehin ist Die Abenteuer von Ichabod und Taddäus Kröte kein wirklicher Höhepunkt des Mäusetreibens. Immerhin ist es aber ein vergleichsweise versöhnlicher Abschluss einer dunklen Phase des Animationsgiganten.
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