(OT: Ein Abend Ewigkeit, Regie: Constantin Maier, Deutschland, 2016)
Journalist Jonas (Michael Jassin) hat keine Lust mehr auf seinen Job und die reißerischen Artikel für Chefredakteur Luis (Rodja Martin Tröscher). Als sein Großvater stirbt und er dessen Schallplattenladen erbt, nimmt er dies zum Anlass für seine Kündigung. Als er im Terminkalender des Opas eine Notiz über ein geplantes Treffen in einer Kneipe findet, beschließt er hinzugehen. Im „Stummen Hahn“ angekommen, weiht ihn der Wirt (Carsten Faseler) in das Geheimnis des Ortes ein: Für eine Nacht im Jahr können sich hier Menschen aus unterschiedlichen Epochen untereinander tummeln. Jonas tut das natürlich als überkandidelte Spinnerei ab, doch als er mit der Sängerin Eva Elana (Marie Mayer) aus den 1960ern in Kontakt tritt, lässt er sich nur zu gerne auf das Spiel ein. Als der Morgen graut, muss die Romanze enden, doch die beiden verabreden sich fest für die magische Nacht im kommenden Jahr.
Ein Abend Ewigkeit ist nach Kurzfilmen wie Augen Blick oder Irgendwohin das Regiedebüt von Constantin Maier. Entstanden ist der Film im Rahmen eines Filmstudiums, was man auch deutlich merkt. Hölzerne Dialoge, mit denen die Schauspieler oft nur leidlich zurechtkommen, überflüssige Szenen, ein langweiliger Einstieg, Klischees bis zum Abwinken, Tonprobleme und ein amateurhafter Look. Interessant wird es erst, als Jonas in die von der Zeit der Außenwelt losgelöste Kneipe kommt, in der sich alle möglichen Menschen begegnen. Dadurch wirkt der Anfang noch schlechter, da der Eindruck entsteht, er wäre nur um diese tolle Idee herum entstanden. Das ist prinzipiell nichts Negatives und viele Filme sind letzten Endes nur um eine gute Idee herum gesponnen worden. Die Kunst jedoch besteht gerade darin, dies den Zuschauer nicht merken zu lassen.
Starker, emotionaler Mittelteil
Der Großteil dessen aber, was danach kommt, macht quasi jeglichen Kritikpunkt im vorherigen Absatz obsolet. Zusätzlich zu einem wesentlich besseren Pacing werden Details aus dem ersten Akt aufgenommen, die seinerzeit belanglos oder gar falsch erschienen, aber nun eine Bedeutung erhalten. Auch die Bildqualität nimmt deutlich zu, wenngleich der Ton weiterhin Inkonsistenzen aufweist. Am Ende des zweiten Aktes gibt es sogar einen tiefgreifenden Moment, der nur funktioniert, weil das Meiste davor so war, wie es war. Dieser Twist zeichnet sich zwar bereits frühzeitig ab, Maier versteht es aber exzellent, den Zuschauer im Laufe der Story wieder davon abzulenken, und vor allem die äußerst gelungene Inszenierung der Enthüllung kann den ein oder anderen Zuschauern zu Tränen rühren. Es gehört filmisch zu den größten Herausforderungen, eine emotionale Szene vernünftig umzusetzen und das Publikum damit zu packen, hier ist es mehr als gelungen. Gegen Ende hin verliert Ein Abend Ewigkeit dann wieder etwas von seinem Drive, so nehmen die gestelzten Dialoge leider erneut überhand und auch die Bilder wirken wie am Anfang eher dahingeklatscht. Obwohl der Film also nach einem bemühten Beginn sehr viel wettmacht, hätte er von einem geraffteren Anfang und Ende gut profitiert. Wie schon bei Auf der anderen Seite ist das Gras viel grüner drängt sich die Frage auf, ob manche Menschen nicht doch eher für Kurzfilme prädestiniert sind und ihre Ideen nicht auf Spielfilmlänge strecken sollten.
Marie Mayer ist hauptsächlich in Indie-/Studentenproduktionen anzutreffen, ab und zu auch mal im Fernsehen. Es bleibt zu hoffen, dass ihr alsbald ein Durchbruch in großen Studioproduktionen vergönnt ist, denn dieses Schauspieltalent sticht bei so gut wie jedem ihrer Auftritte als Highlight des jeweiligen Filmes heraus. So auch in Ein Abend Ewigkeit, in welchem der restliche Cast auf gehobenem Laienniveau spielt, wobei einige sicher durch das Skript nicht ihr volles Potenzial entfalten und eventuell durch die Regie ihren transportierten Theatervibe nicht ablegen können. Hervorzuheben ist ebenfalls Hauptdarsteller Michael Jassin, der zwar eine solide Leistung abliefert, aber weniger mit der Performance überzeugt als vielmehr eine bewundernswerte Charakterentwicklung durchmacht. Anfangs gibt es keinen Grund, sich für den unscheinbaren Journalisten oder sein Schicksal zu interessieren, doch ehe der Zuschauer sich versieht, feuert er Jonas heimlich an und ist gleichsam mit ihm entsetzt, als dieser in einer späteren Szene wortwörtlich vor einem Trümmerhaufen steht. Das ist verdammt gute Schreibe, die man so beim deutschen Film kaum antrifft, wie viel seltener im deutschen Independentfilm.
Verblüffend, aber mit Schönheitsfehlern
Sähe Ein Abend Ewigkeit besser aus, er hätte schon längst regulär im Kino laufen müssen. Stattdessen muss man sich so etwas wie Hard & Ugly vorsetzen lassen, dessen unbestritten gute Bilder auf der großen Leinwand sicher noch eindrucksvoller sind, der inhaltlich aber nicht ansatzweise hier mithalten kann. Für einige internationale Auszeichnungen und Nominierungen auf diversen Festivals hat es aber immerhin gereicht. Warum der Film neben Fantasy und Drama, welche ihn hinlänglich beschreiben, auch als Komödie ausgewiesen ist, lässt sich allerdings nicht nachvollziehen. Das etwa fünfzehnminütige Behind-the-scenes auf der Blu-Ray (Veröffentlichung unbekannt) gibt unter anderem Einblicke in die visuellen Effekte. Wer ein Auge dafür hat, wird bei der Sichtung sicher hier und da schon erkennen, dass in der Postproduktion getrickst wurde. Aber mitanzusehen, was sich in Wahrheit hinter einigen Szenen verbirgt, insbesondere den Wetterbedingungen, ist durchaus verblüffend.
(Anzeige)