Seinen 130. Geburtstag feierte Sherlock Holmes kürzlich. Oder besser: Es ist jetzt 130 Jahre her, dass der englische Meisterdetektiv das erste Mal seine überlegenen Kombinationstalente demonstrieren durfte. Als der Roman „Eine Studie in Scharlachrot“ im November 1887 in dem Magazin „Beeton’s Christmas Annual“ erschien, hielt sich das allgemeine Interesse eher in Grenzen. Heute kann man sich eine Welt ohne den Schnüffler und seinen treuen Begleiter Dr. Watson hingegen kaum noch vorstellen. Noch immer dürfen die bekannten Charaktere im Auftrag anderer Autoren Fälle lösen, die beiden Fernsehserien Sherlock und Elementary haben bereits vier Staffeln auf dem Buckel, und auch die Spielewelt hat den brillanten Ermittler nicht ganz vergessen.
So richtig viel zu tun haben Hobbydetektive in „Holmes – Sherlock gegen Moriarty“ aber nicht. Anders als „Sherlock Holmes Criminal-Cabinet“, welches 1985 immerhin zum „Spiel des Jahres“ gekürt wurde, gibt es hier keinen echten Fall. Die Anleitung spricht zwar von einem Anschlag aufs Parlament, das auf eine Aufklärung wartet. Weitere Details werden aber nicht gegeben, sind auch irrelevant. Diego Ibáñez, der Autor des Spiels, entschied sich hier gegen tatsächliche narrative Elemente. Auch Kombinationsgabe ist nicht gefragt. Stattdessen sammeln zwei Spieler hier Hinweise, der eine als Sherlock Holmes, der andere als dessen Widersacher Moriarty. Wer am Ende die meisten bzw. wertvollsten Hinweise hat, der hat gewonnen.
Bewährtes Spielsystem ohne wirkliche Verbindung zum Thema
Wer sich von dem Duellspiel etwas in die Richtung von „Cluedo“ erwartet, die Suche nach Verdächtigen und das Aufstellen von Hypothesen inklusive, der wird enttäuscht. Stattdessen werden in bester Worker-Placement-Manier bis zu drei Aktionsmarker gesetzt, um auf diese Weise Einflussmarker zu sammeln, die gegen Hinweise eingetauscht werden können. Je mehr Hinweise man auf diese Weise sammelt, umso besser, nur wer in einer Hinweisart die Mehrheit hat, bekommt am Ende der siebten und letzten Runde auch Punkte dafür.
Hört sich einfach an, ist es prinzipiell auch. Die interaktiven Elemente halten sich in Grenzen, beschränken sich meistens auf das Wegschnappen wertvoller Karten. Jeden Tag kommen weitere Optionen hinzu, doch dabei handelt es sich letztendlich um Variationen derselben Aktionen. Auf Dauer bietet das nicht wirklich viel Abwechslung, für kleinere Runden zwischendurch reicht es aber: Holmes ist sicher kein Anwärter für das Spiel des Jahres, aber doch eine nette Beschäftigung, um sich die Wartezeit zu vertrieben. Pluspunkte gibt es zudem für das liebevoll gestaltete Material. Die Personenkarten, welche als Aktionsfelder herhalten müssen, sind Romanfiguren von Arthur Conan Doyle nachempfunden. Irene Adler lässt sich hierbei ebenso blicken wie Spürhund Toby und Sherlocks Bruder Mycroft. Durch die Möglichkeit, Hinweise auch versteckt zu sammeln, gibt es zudem den einen oder anderen Überraschungsmoment.
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