(OT: „Welcome to Norway“, Regie: Rune Denstad Langlo, Norwegen, 2016)
Groß waren die Pläne von Primus (Anders Baasmo Christiansen) immer gewesen. Nur nicht sonderlich von Erfolg gekrönt. Das Hotel, das er im Morden Norwegens gebaut hat, mag vieles haben, Gäste sicher nicht. Also fasst er zum Erstaunen seiner Hanni (Henriette Steenstrup) und seiner Tochter Oda (Nini Bakke Kristiansen) den Plan, das Hotel in eine Flüchtlingsunterkunft umzuwandeln. Nicht, weil Primus das Schicksal dieser Menschen so sehr am Herzen läge. Eigentlich will er sie gar nicht hier haben. Aber das Geld, das er auf diese Weise einstreichen kann, das ist ihm umso willkommener. Es dauert jedoch nicht lange, bis erste Probleme auftreten. Die Flüchtlinge zanken untereinander, das Hotel bietet nicht genügend Raum und auch die Behörden mischen sich ständig in seine Geschäfte ein. Und dann wäre da noch Abedi (Olivier Mukuta), den Primus gern als Vermittler verwendet, der aber eigentlich gar nicht hier sein dürfte.
Als letztes Jahr Willkommen bei den Hartmanns in den deutschen Kinos anlief, war die Sensation perfekt: Mehr als drei Millionen Zuschauer wollten die Komödie sehen, eine Menge für einen hiesigen Film. Wichtiger noch war die Überraschung, dass ein deutscher Film zum Thema Flüchtlingskrise tatsächlich komisch, teilweise sogar bissig sein konnte. Da geriet schnell in Vergessenheit, dass drei Wochen zuvor schon ein norwegischer Film angelaufen war, der sich ebenfalls mit nicht immer ganz politisch korrektem Humor der Sache angenommen hatte.
Komfort ist alle
Mit Reibereien zwischen den Einwohnern eines norwegischen Dorfes kennt sich Rune Denstad Langlo natürlich aus. Zuletzt hatte der Regisseur und Drehbuchautor in Chasing the Wind von einer Familienzusammenführung erzählt, die zahlreiche Konflikte zu Tage fördert. Während der Norweger die Sache dort aber ein bisschen sehr ernst meinte, inszeniert er seine Flüchtlingsvision als Farce. Das fängt schon mit dem Hotel an, das nie so richtig fertigstellt wurde. Da müssen die „Gäste“ über ein Baugerüst in ihre Zimmer kommen, zu essen gibt es alte Reste, Komfort wird nur dann geboten, wenn Primus wirklich nicht anders kann. Wo Simon Verhoeven noch – ziemlich berechnend – mit publikumsträchtigen Sympathieträgern arbeitete, wird kaum ein Zuschauer hier ernsthaft auf der Seite des Hoteliers sein.
Aber das ist auch gar nicht notwendig, es ist gerade seine selbstsüchtige, skrupellose Art, die Welcome to Norway anfangs zu einem größeren Vergnügen macht. Über das amüsant-absurde Szenario hinaus mangelt es der Tragikomödie dann aber doch an wirklich interessanten Ideen. Dass Primus seine selbstsüchtige Kaltschnäuzigkeit ablegen wird, um dann doch noch sein Herz für Flüchtlinge zu entdecken – das mag man rührend nennen. Oder eben langweilig. Bei den Frauen aus seinem Umfeld versuchte man erst gar nicht, eine Entwicklung einzuplanen. Sie sind einfach da, werden nur als Stichwortgeber gebraucht. Man merkt teilweise nicht einmal, dass sie seine Familie sein sollen.
Nicht genug von allem
Nett ist Welcome to Norway insgesamt schon. Langlo nutzt hier ein reales Phänomen – der Dokumentarfilm Café Waldluft erzählt ebenfalls von einem Hotel, das zu einem Flüchtlingsheim wurde –, um ein bisschen abzurechnen. Mit Leuten, die aus dem Unglück anderer Profit schlagen wollen. Mit Rassisten des Alltags. Aber auch die Flüchtlinge bekommen ein wenig ihr Fett weg. Die bissig-bösen Tendenzen sind am Ende dann aber doch zu zahm, um wirklich als Satire durchzugehen, die Figuren zu schwach, als dass man mit ihnen mitfühlen wollte.
(Anzeige)