(OT: „Il a déjà tes yeux“, Regie: Lucien Jean-Baptiste, Frankreich, 2016)
Paul (Lucien Jean-Baptiste) und Sali (Aïssa Maïga) können ihr Glück kaum fassen! Jahrelang haben sie vergeblich auf eine Chance gewartet, ein Kind adoptieren zu können, da ist er plötzlich da, der kleine Benjamin. Er hat nur einen kleinen Schönheitsmakel: Er ist weiß. Während das Ehepaar mit den senegalesischen Wurzeln den Kleinen dennoch schnell ins Herz schließt, ist das mit der Familie schon schwieriger. Salis Eltern Mamita (Marie-Philomène Nga) und Ousmane (Bass Dhem) wollen nichts von dem falschen Nachwuchs wissen. Und auch Madame Mallet (Zabou Breitman), die beim Amt arbeitet, hat so ihre Bedenken und deshalb ein ganz besonders wachsames Auge auf die Kleinfamilie.
Die Idee der klassischen Familie mit Papa, Mama und Kindern, die ein Leben lang zusammenbleiben, hat sich inzwischen überholt. Paare trennen sich und finden neu zusammen, sogenannte Patchworkfamilien sind aus unserem Alltag kaum mehr wegzudenken. Und doch gibt es Grenzen, wie uns Zum Verwechseln ähnlich aufzeigt. Erwartungen daran, wie so eine Familie auszusehen hat. Mischungen von Hautfarben sind auch im Jahr 2017 noch ein wenig auffälliger. Ein schwarzes Paar mit einem weißen Kind? Wo gibt es denn so etwas?
Originelles Thema, wenig originelle Umsetzung
Tatsächlich hat der Film seinen wahren Hintergrund, dort war es ein nigerianisches Pärchen, das ein kaukasisches Kind adoptierte. Lucien Jean-Baptiste, der hier Regie führte, die Hauptrolle übernahm und am Drehbuch arbeitete, hatte aber gar nicht vor, die Geschichte eins zu eins zu übernehmen. Wie es sich für filmische Adaptionen gehört, wird da gern mal ein bisschen dicker aufgetragen und überspitzt. Harmlose Situationen führen zum absoluten Chaos. Die Konflikte fallen etwas kräftiger aus, die obligatorische Versöhnung aber auch. Denn dass hier am Ende alle dazugelernt haben, steht von Anfang an fest. Jean-Baptiste will unterhalten und ein bisschen aufrütteln. Überraschungen sind auf der Prioliste eher weiter unten angesiedelt.
Was nicht heißen soll, dass da nicht mal etwas aus dem Rahmen fällt. Immer mal wieder greift der auf Martinique geborene Filmemacher auf einen Klamauk zurück, der so gar nicht zum Ton des Films passen will. Sehr anstrengend sind beispielsweise die Szenen mit Vincent Elbaz, der als Pauls bester Freund helfen soll, meistens alles aber noch schlimmer macht. Und auch an anderen Stellen greift der Humor nicht wirklich. Mal sind die Witze recht plump oder wiederholen sich zu oft. Sie wirken hin und wieder auch so, als wären sie Überbleibsel aus einem ganz anderen Film und hätten sich nur zufällig hierher verirrt. Dem Publikum war dies offensichtlich egal: In Frankreich zog Zum Verwechseln ähnlich beachtliche 1,4 Millionen Zuschauer an.
Aufklärung im Hauruck-Verfahren
Sympathisch ist der Film ja aber auch. Das Thema ist wichtig, die Absichten sind gut. Schön ist zudem, dass hier der latente Rassismus auf beiden Seiten – Weißen wie Schwarzen – aufs Korn genommen wird. Und da die beiden Hauptfiguren so nett und liebenswürdig sind, zwecks Zwangsidentifikation keine wirklichen Makel aufweisen, drückt man ihnen unweigerlich die Daumen. Ganz so seicht hätte es dafür aber sicher nicht sein müssen. Wenn die Konflikte in Windeseile gelöst werden, in Sekundenschnelle Ansichten gewechselt und zum Ende hin alles überzuckert wird, dann verkommt Zum Verwechseln ähnlich unnötig zu einem Fast-Food-Titel. Einer, der für einen kurzen Moment glücklich macht, von dem man direkt im Anschluss aber weiß, dass er eigentlich nicht gut war.
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