„Airport“, Schweiz/Kroatien, 2017
Regie: Michaela Müller; Drehbuch: Michaela Müller, Aleksandar Battista Ilic; Musik: Hrovje Stefotic; Sound Design: Fa Ventilato
Für die einen sind Flughäfen nicht mehr als ein Mittel zum Zweck. Ein Ort, an dem man eben vorbei muss auf dem Weg zum eigentlichen Ziel. Andere können in dem internationalen Knotenpunkt aber noch mehr entdecken, sehen ihn als einen willkommenen Anlass, um Menschen zu beobachten. Michaela Müller scheint in diese zweite Kategorie zu gehören. Einen Kurzfilm hat sie diesem Thema gewidmet, immerhin etwas mehr als zehn Minuten lang, folgt während dieser Zeit den Menschen, die dort vorbeigehen. Folgt ihnen bei bekannten Situationen. Folgt ihnen aber auch, wenn wir gar nicht mehr so recht erkennen, wie uns geschieht.
Eine Handlung im üblichen Sinn hat Airport nicht, auch keine Protagonisten. Selbst Dialoge fallen weg. Zwischendurch hören wir zwar Gemurmel aus den Menschenmassen, dazu Lautsprecherdurchsagen. Aber nichts davon lässt auf Individuen schließen. Das hört sich nicht nach viel an, selbst bei einem zeitlich derart knapp bemessenen Werk. Und doch hat Müller einiges zu erzählen. Vor allem hat sie eine ganze Menge zu zeigen.
Durch das Glas in eine andere Welt
Ähnlich zu ihrem russischen Kollegen Aleksandr Petrov (The Old Man and the Sea) verwendet die Schweizer Filmemacherin eine seltene, weil sehr aufwendige Technik: Auf eine Glasscheibe werden Szenen gemalt, abfotografiert und durch die schnelle Abfolge der Bilder animiert. Das Ergebnis wirkt so, als wären Gemälde zu Leben erweckt. Müller nutzt dieses Verfahren aber nicht nur einer auffallenden Optik wegen. Vielmehr erlaubt die Glasmalerei fließende Übergänge: Szenen verschmelzen auf eine Weise, wie es als Realfilm nicht möglich wäre.
Wie ein Traum wirkt Airport dann auch. Ein fiebriger Traum. Ein Albtraum gar. Was im einen Moment noch sehr vertraut wirkt, verwandelt sich im nächsten zu einer düsteren Vision, aus der es kein Entrinnen gibt – auch weil der Flughafen einem großen Labyrinth gleicht. Was im wahren Leben ein Tor zur Welt sein sollte, wird hier zu einem Gefängnis, in dem nichts Halt gibt. Wie auch, wenn Mauern keinen Bestand haben, Menschen sich in Schemen verwandeln? Mehrere Jahre hat es gedauert, bis Müller diese faszinierende Schreckensversion vollendet hat. Für den Zuschauer hat sich die Mühe jedoch gelohnt, sofern man sich zu den Glücklichen zählen kann, die den Kurzfilm auf einem der zahlreichen Festivals haben sehen dürfen. Die nächste Gelegenheit wartet vom 22. Bis 28. Januar 2018, wenn das ehrwürdige Filmfestival Max Ophüls Preis einlädt, spannende Werke deutschsprachiger Künstler zu entdecken.
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