„Arthur & Claire“, Österreich/Deutschland/Niederlande, 2017
Regie: Miguel Alexandre; Drehbuch: Josef Hader, Miguel Alexandre
Darsteller: Josef Hader, Hannah Hoekstra, Rainer Bock
Eines Abends in einem edlen Hotel im Amsterdam: Arthur Schlesinger (Joseph Hader) sitzt vor einem Blatt Briefpapier, neben sich eine Flasche teuren Rotwein, von dem er sich – nervös, kurzatmig – wieder und wieder nachschenkt. Einige Türen weiter lässt sich derweil Claire (Hannah Hoekstra) ein Bad ein, düstere Musik dröhnt aus ihrem Zimmer. Kennengelernt haben sich Arthur und Claire noch nicht. Aber weil Claire sich auf ihren Selbstmord mithilfe von Pillen zu laut einstimmt, kann er sich nicht auf den Abschiedsbrief konzentrieren, den er vor seinem für den nächsten Tag geplanten Suizid noch schreiben will. Also klopft Arthur bei Claire – und eine gemeinsame Amsterdamer Nacht nimmt ihren Anfang, die die beiden lebensmüden Helden des Spielfilms Arthur & Claire eigentlich ganz anders geplant hatten.
Und weil, wo Josef Hader draufsteht, auch Josef Hader drin ist (der 55-jährige Österreicher ist auch Co-Autor des Streifens), vermischen sich in dieser Tragikomödie bittere Ironie und schwarzer Humor mit liebenswert unorthodoxen Hauptfiguren und haarfeinen Andeutungen von Romantik. Mit der Romantik ist es eben so eine Sache in Filmen von und mit Josef Hader. Ob in seinem Regiedebüt Die Blaue Maus oder älteren Rollen in Wolfgang Murnbergers Der Knochenmann oder Aufschneider von Regisseur David Schalko, zarte Gefühle und vorsichtige Träumereien passen in der Regel schlecht in das verkorkste Dasein der von Hader gespielten Helden.
Angst vor dem Tod trifft auf Angst vor dem Leben
Dem geradezu gleichgültig wirkenden Arthur vergällt ein Tumor die Lebenslust. Und dann ist da noch die Einsamkeit. Sein Sohn spricht nicht mehr mit ihm, das Glück mit den Frauen war auch nie von langer Dauer. Verlassen zu werden, das konnte Arthur nicht abwenden. Aber den Todesqualen des sich in seiner Kehle ausbreitenden Krebsgeschwürs, denen will er mithilfe der Spritze von einem befreundeten Arzt (Rainer Bock) zuvorkommen. Aus einem einfachen Grund: Er hat Angst vor dem Tod.
Aber als er Claires Selbstmord-Absichten entdeckt, steht vorerst eines im Vordergrund: die impulsive, in wütender Verzweiflung völlig aufgelöste junge Frau von ihren Absichten abzubringen. Hannah Hoekstra (The Canal), bei der Berlinale 2017 als Shooting Star ausgezeichnet, bildet hier den Gegenpart zu Hader. Sie ist impulsiv, flirrend, und will partout nicht darüber sprechen, woher ihre Lebensmüdigkeit rührt. Erst nach einer langen Nacht in Restaurants und Coffeeshops im malerischen Kern von Amsterdam und edlem Whiskey im gar nicht pittoresken industriellen Teil der Stadt, gibt sie schließlich etwas preis.
Kluge, witzige Dialoge und ein klein wenig Klischee
Zum Vorbild für das Drehbuch nahm sich das Aurorengespann Joseph Hader und Miguel Alexandre (Der Mann mit dem Fagott) das gleichnamige Bühnenstück von Stefan Vögel. Wie dort liegt der Fokus ganz auf den beiden Hauptfiguren, die sich – so gegensätzlich sie auch sein mögen – im Laufe der Erzählung immer mehr ans Herz wachsen. Mit der Nähe nehmen auch die witzigen Dialoge zu, die düstere Sicht auf die Welt verliert nach und nach an Schlagkraft.
Das alles ist berührend, wenn auch ein wenig vorhersehbar. Bei aller dialogischen Kunst sind einige Szenen doch zu klischeelastig geraten – etwa, wenn sich die beiden Helden schon ziemlich am Anfang des Abends nach einem gemeinsam genossenen Joint in die Arme fallen. Auch Claires düstere Vergangenheit wirkt schlussendlich ein wenig konstruiert. Trotzdem ist der Film unterm Strich ein anrührendes und gleichsam witziges Kammerstück, das mit seinen intelligenten Dialogen und großartigen Schauspielern viel Spaß – und Lust aufs Leben – macht.
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