„Freibadsinfonie“, Deutschland, 2017
Regie: Sinje Köhler; Drehbuch: Sinje Köhler, Raphaela Te Pass; Musik: Max Clouth
Es gibt große Menschen und kleine Menschen. Reiche Menschen und arme. Selbstbewusste und schüchterne. Eines eint aber die meisten davon: Sie schätzen bei hohen Temperaturen eine kleine Abkühlung. Wer nicht gerade das Glück hat, einen eigenen Pool zu Hause zu haben, neben einem See wohnt oder einen Strandurlaub gebucht hat, wenn wider Erwarten das Sommerwetter zuschlägt, der muss sich anderweitig helfen. Das Freibad ruft!
Sinje Köhler ist diesem Ruf gefolgt und beobachtet gut eine halbe Stunde lang die Menschen, die sich in dem Freibad so tummeln. Und das sind eine ganze Menge. Jugendliche, die mit Freunden abhängen und unbemerkt mit dem anderen Geschlecht anbandeln wollen. Ein Junge, der sein Eis etwas unfreiwillig mit einer Wespe teilen muss. Eine ältere Dame, die eigentlich ganz gern die Sitzbank für sich gehabt hätte und nun im mündlichen Dauerfeuer einer anderen Sonnenanbeterin steht. Zwei Freundinnen, deren Verhältnis früher irgendwie schon mal besser war.
Komisch alltäglich
Die meisten dieser kleinen, sich ständig abwechselnden Anekdoten sind mitten aus dem Leben gegriffen. So sehr, dass man denken könnte, Freibadsinfonie wäre in Wahrheit ein Dokumentarfilm. Die schönen Schwarzweißaufnahmen verraten aber doch, dass hier auch künstlerischer Gestaltungswille dahintersteckte. Außerdem wäre da noch die eine oder andere Skurrilität, welche den fiktiven Ursprung verrät. So sehr wir es kennen dürften, dass manche Leute nicht Besseres zu tun zu haben, als unentwegt das Einhalten von Regeln einfordern zu wollen: Ein Privatmann, der jeden Tag die Wassertemperatur misst, um jede Abweichung festzuhalten, das ist dann vielleicht doch ein bisschen viel.
Aber auch das zeichnet den Gewinner vom Filmschoolfest Munich 2017 aus: Er kombiniert das Komische und das Ernste, das Authentische und Schrullige. Einige der umherirrenden Figuren bleiben bis zum Schluss ein wenig fremd, man weiß eigentlich nicht so recht, wer sie sind. Angesichts der Anzahl ist das aber ebenso zu verschmerzen wie der fehlende rote Faden. Freibadsinfonie lässt uns für eine Weile daran teilhaben, wie hier Leute den Nachmittag in einem Provinzbad verbringen. Lässt uns mit ihnen schwitzen, leiden, lachen. Einigen hat man während der Zeit gern Gesellschaft geleistet, andere hätte man eher weniger in seiner Umgebung gebraucht – wie es nun mal so ist, wenn man sich plötzlich den Raum mit einer Horde wildfremder Menschen teilt.
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